(1) Die Stabilisierungsanordnung ergeht, wenn die von dem Schuldner vorgelegte Restrukturierungsplanung vollständig und schlüssig ist und keine Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass
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die Restrukturierungsplanung oder die Erklärungen zu § 50 Absatz 3 in wesentlichen Punkten auf unzutreffenden Tatsachen beruht oder beruhen,
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die Restrukturierung aussichtslos ist, weil keine Aussicht darauf besteht, dass ein das Restrukturierungskonzept umsetzender Plan von den Planbetroffenen angenommen oder vom Gericht bestätigt werden würde,
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der Schuldner noch nicht drohend zahlungsunfähig ist oder
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die beantragte Anordnung nicht erforderlich ist, um das Restrukturierungsziel zu verwirklichen.
Schlüssig ist die Planung, wenn nicht offensichtlich ist, dass sich das Restrukturierungsziel nicht auf Grundlage der in Aussicht genommenen Maßnahmen erreichen lässt. Weist die Restrukturierungsplanung behebbare Mängel auf, erlässt das Gericht die Anordnung für einen Zeitraum von höchstens 20 Tagen und gibt dem Schuldner auf, die Mängel innerhalb dieses Zeitraums zu beheben.
(2) Sind Umstände bekannt, aus denen sich ergibt, dass
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erhebliche Zahlungsrückstände gegenüber den in § 50 Absatz 3 Nummer 1 genannten Gläubigern bestehen oder
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der Schuldner für mindestens eines der letzten drei abgeschlossenen Geschäftsjahre gegen die Offenlegungspflichten nach den §§ 325 bis 328 oder nach § 339 des Handelsgesetzbuchs verstoßen hat,
erfolgt die Stabilisierungsanordnung nur, wenn trotz dieser Umstände zu erwarten ist, dass der Schuldner bereit und in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubigergesamtheit auszurichten. Dies gilt auch, wenn zugunsten des Schuldners in den letzten drei Jahren vor der Stellung des Antrags die in § 49 Absatz 1 genannten Vollstreckungs- oder Verwertungssperren oder vorläufige Sicherungsanordnungen nach § 21 Absatz 1 Satz 2 Nummer 3 oder 5 der Insolvenzordnung angeordnet wurden, sofern nicht der Anlass dieser Anordnungen durch eine nachhaltige Sanierung des Schuldners bewältigt wurde.
(3) Liegt zum Zeitpunkt der Stabilisierungsanordnung kein Restrukturierungsplan vor, kann das Gericht dem Schuldner eine Frist setzen, binnen derer der Restrukturierungsplan vorzulegen ist.
(4) Die Stabilisierungsanordnung ist allen Gläubigern, die von ihr betroffen sind, zuzustellen. In öffentlichen Restrukturierungssachen (§ 84) kann auf eine Zustellung verzichtet werden, wenn sich die Anordnung mit Ausnahme der in § 4 genannten Gläubiger gegen alle Gläubiger richtet.
(5) Das Restrukturierungsgericht entscheidet über den Antrag auf Erlass der Stabilisierungsanordnung durch Beschluss. Soweit das Gericht den Antrag zurückweist, steht dem Schuldner gegen den Beschluss die sofortige Beschwerde zu.
Übersicht
Die in § 51 Abs. 1 formulierten Voraussetzungen sollen dem Restrukturierungsgericht eine zügige Entscheidung zum Schutz des Restrukturierungsziels ermöglichen.
Aus dem Anordnungsinhalt der Stabilisierungsinstrumente selbst wird deutlich, dass es sich bei den Stabilisierungsanordnungen regelmäßig um Eilmaßnahmen handelt, um eine drohende Gefährdung des Restrukturierungsziels durch Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder Vermögensverwertungen zu verhindern (BT-Drs. 19/24181, S. 154).
Zur Vermeidung einer zeitaufwändigen Verhältnismäßigkeitsprüfung wird der Prüfungsumfang des Restrukturierungsgerichts auf eine Plausibilitätskontrolle beschränkt (BT-Drs. 19/24181, S. 155). Die beantragte Stabilisierungsanordnung ergeht hiernach, wenn dem Gericht ein Antrag vorliegt, der gemäß § 50 Abs. 1 die beantragte Stabilisierungsmaßnahme dem Inhalt, dem Adressatenkreis und der Dauer nach bezeichnet, eine vollständige und schlüssige Restrukturierungsplanung nach § 50 Abs. 2 beigefügt ist und keine Ausschlussgründe nach § 51 Abs. 1 Nr. 1-4 bekannt sind.
Eine Entscheidung über den Antrag sollte das Restrukturierungsgericht regelmäßig binnen drei Tagen treffen.
Durch die in § 51 Abs. 1 S. 1 Nr. 1-4 normierten Ausschlussgründe soll zudem ein Missbrauch der Stabilisierungsinstrumente durch Schuldner verhindert werden, bei denen die Zugangsvoraussetzungen offenkundig nicht vorliegen.
Soweit das Gericht Zweifel an dem Restrukturierungsvorhaben insgesamt oder der Notwendigkeit der begehrten Anordnung hat, kann es mit der Anordnung einen Restrukturierungsbeauftragten gemäß § 73 einsetzen, der die inhaltliche Prüfung des Restrukturierungsvorhabens übernimmt (vgl. § 73 Rn. 13 ff. und 24 ff.).
Liegt dem Restrukturierungsgericht ein Antrag in dem in § 50 Abs. 1 beschriebenen Umfang nebst einer vollständigen und schlüssigen Restrukturierungsplanung gemäß § 50 Abs. 2 vor, hat das Restrukturierungsgericht nach § 51 Abs. 1 die begehrte Stabilisierungsanordnung zu erlassen, soweit keine Ausschlussgründe nach § 51 Abs. 1 Nr. 1-4 bekannt sind (Plausibilitätskontrolle). Dieser eingeschränkte Prüfungsumfang ergibt sich aus der gesetzlichen Formulierung "ergeht, wenn". Aus den gemäß § 50 Abs. 3 beizufügenden Erklärungen kann sich allerdings eine Erweiterung des gerichtlichen Prüfungsumfangs gemäß Abs. 2 ergeben.
Der in § 39 Abs. 1 statuierte allgemeine weite Prüfungsumfang des Restrukturierungsgerichts, wonach von Amts wegen alle Umstände zu ermitteln sind, die in der Restrukturierungssache von Bedeutung sind, wird im Rahmen der Anordnung von Stabilisierungsmaßnahmen gemäß § 51 Abs. 1 S. 1 deutlich eingeschränkt ("Die Stabilisierungsanordnung ergeht, wenn..."). Hierdurch soll eine kurzfristige Entscheidung des Restrukturierungsgerichts im Interesse einer möglichen Sanierung sichergestellt werden (BT-Drs. 19/24181, S. 154). Nach der hier vertretenen Auffassung hat das Restrukturierungsgericht jedoch stets vor wesentlichen Eingriffen in die Gläubigerrechte von der Anwendbarkeit des StaRUGs auf die Schuldnerin positiv zu überzeugen, vgl. § 49 Rn. 11, 15; § 50 Rn. 28. Bestehen nach den vorgelegten Unterlagen Zweifel an der drohenden Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin oder ist diese nicht nachvollziehbar dargelegt, ist die begehrte gerichtliche Maßnahme abzulehnen, so im Ergebnis auch das AG Köln zur gerichtlichen Planbestätigung mit Beschl. v. 3.3.2021 - 83 RES 1/21, ZIP 2021, 806-809.
Unter den Voraussetzungen des § 73 kann das Gericht einen Restrukturierungsbeauftragten zur Überwachung der Restrukturierungssache bestellen (vgl. § 73 Rn. 15 ff.).
Behebbare Mängel in der Restrukturierungsplanung können gemäß Abs. 1 S. 3 vorläufig, bis zu 20 Tagen, unberücksichtigt bleiben.
Die Stabilisierungsanordnung setzt zwingend einen Stabilisierungsantrag voraus, in dem die begehrte Stabilisierungsanordnung dem Inhalt, dem Adressatenkreis und der Dauer nach bezeichnet ist (vgl. § 50 Abs. 1 Rn. 4 ff.) .
Auch wenn der Antrag selbst nur in dem Ausschlussgrund des § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 genannt wird, ist dieser doch zwingende Voraussetzung einer jeden Stabilisierungsanordnung. Die Stabilisierungsanordnung darf zudem nicht über den in 50 Abs. 1 bezeichneten Umfang des Antrags (Inhalt, Adressatenkreis und Dauer) hinausgehen.
Das Restrukturierungsgericht hat die Restrukturierungsplanung auf ihre formale Vollständigkeit hin zu prüfen. Die Restrukturierungsplanung muss die in § 50 Abs. 2 aufgezählten Unterlagen und Angaben enthalten (vgl. § 50 Rn. 22 ff.).
In § 51 Abs. 1 S. 2 wird die Schlüssigkeit der Restrukturierungsplanung legal definiert. Hiernach ist die Restrukturierungsplanung schlüssig, wenn nicht offensichtlich ist, dass sich das Restrukturierungsziel nicht auf Grundlage der in Aussicht genommenen Maßnahmen erreichen lässt. Für eine Ablehnung des Antrags müsste die in Aussicht genommene Planung offensichtlich ungeeignet sein, um das Restrukturierungsziel zu erreichen.
Offensichtlich ungeeignet ist die Restrukturierungsplanung, wenn bereits zum Zeitpunkt der Beantragung der Anordnung Umstände bekannt sind, die eine Zustimmung zum Restrukturierungsplan oder eine gerichtliche Bestätigung ausschließen. Hierbei geht es jedoch nicht um eine Vorprüfung des Restrukturierungsplans durch das Restrukturierungsgericht. Das Gericht hat beispielsweise nicht zu prüfen, ob der Restrukturierungsplan für die Gläubiger wirtschaftlich sinnvoll oder die erforderliche Mehrheit der Gläubiger dem Restrukturierungsplan voraussichtlich zustimmen werden (vgl. HmbKommInsR/Thies § 231 Rn. 18 mit Meinungsstand zum Insolvenzplan). Die Restrukturierungsplanung ist zu dem Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht abgeschlossen (lediglich aktualisiert) und kann daher sowohl bezüglich der Gläubiger- als auch der Schuldnerbeiträge (z.B. Kapitalbeiträge) noch angepasst werden, so dass jedenfalls zumeist eine Zustimmung oder eine gerichtliche Bestätigung nicht ausgeschlossen werden kann. Aussichtslos ist eine Restrukturierungsplanung jedoch beispielsweise dann, wenn eine zwingend erforderliche Zustimmung weder rechtlich oder tatsächlich möglich und auch eine Überstimmung aufgrund der Gruppenstruktur ausgeschlossen ist. Im Übrigen ist die Restrukturierungsplanung offensichtlich aussichtslos, wenn ein begründeter Insolvenzantrag oder einer der in § 51 Abs. 1 S. 1 Nr. 1-4 genannten Ausschlussgründe vorliegt.
Schlüssig ist die Restrukturierungsplanung immer dann, wenn auf deren Grundlage der Weg zum gewünschten Ergebnis plausibel ist (Thole ZIP 2020, S. 1985, 1996). Das Gericht soll nicht die Qualität der Restrukturierungsplanung im Einzelnen bewerten, sondern prüfen, ob die Planung grundsätzlich zur Zielerreichung geeignet ist.
Durch diese begrenzte Schlüssigkeitsprüfung hat das Restrukturierungsgericht daher auch in Zweifelsfällen die begehrte Stabilitätsanordnung zu erlassen.
Die unter Abs. 1 S. 1 Nr. 1-4 aufgeführten Umstände führen alternativ zur Ablehnung der beantragten Stabilisierungsanordnung. Es handelt sich insoweit um absolute Ausschlussgründe. Sind dem Gericht entsprechende Umstände bekannt, darf die beantragte Stabilisierungsanordnung nicht ergehen.
In Abweichung von dem in § 39 Abs. 1 normierten Amtsermittlungsgrundsatz hat das Restrukturierungsgericht von sich aus keine Ermittlungen zu den Ausschlussgründen anzustellen und soll im Interesse einer möglichen Restrukturierung nur die gerichtsbekannten Umstände berücksichtigen. Von dem Vorliegen der allgemeinen Anwendungsvoraussetzungen des StaRUGs auf den Schuldner hat sich das Restrukturierungsgericht jedoch stets vor Eingriffen in die Gläubigerrechte zu überzeugen, vgl. Rn. 8.
Die Stabilisierungsanordnung ist zu versagen, wenn die Restrukturierungsplanung oder die Erklärungen gemäß § 50 Abs. 3 in wesentlichen Punkten auf einen unzutreffenden Tatsachenvortrag des Schuldners beruht bzw. beruhen.
Unzutreffend ist der Tatsachenvortrag des Schuldners dann, wenn der für die rechtliche Bewertung maßgebliche Inhalt nicht dem wahren Sachverhalt entspricht (OLG Karlsruhe NJW 2005, S. 2400; OLG München NJW 2004, S. 224, 228). Unbeachtlich sind daher Abweichungen von dem wahren Sachverhalt, die nicht den Kernaussagegehalt des Tatsachenvortrags betreffen. Dies gilt beispielsweise für unzutreffende Angaben zu Nebenumständen oder geringfügige Abweichungen bei Mengenangaben, sofern diese nicht aufgrund der Häufung den wesentlichen Inhalt einer übergeordneten Aussage falsch darstellen (BGH NJW 1987, S. 1403, 1404; BGH NJW 1985, S. 1621, 1622). Regelmäßig sind Abweichungen bei einer Mengenangabe von unter 5% unbeachtlich. Dies gilt jedoch nicht, wenn durch die Abweichung beispielsweise die tatsächlich eingetretene Zahlungsunfähigkeit nicht festgestellt wird.
Weiter ist der unzutreffende Tatsachenvortrag des Schuldners nur dann im Rahmen des Ausschlusstatbestands des Abs. 1 S. 1 Nr. 1 relevant, wenn dieser wesentliche Punkte der Restrukturierungsplanung nach § 50 Abs. 2 oder der Erklärungen gemäß § 50 Abs. 3 betrifft.
Wesentliche Punkte der Restrukturierungsplanung sind dann betroffen, wenn die Erreichung des Restrukturierungsziels bei Zugrundelegung der tatsächlichen Umstände ausgeschlossen oder jedenfalls unwahrscheinlich erscheint.
Im Rahmen der Erklärungen gemäß § 50 Abs. 3 sind sämtliche Kernaussagen der Nr. 1-3 wesentlich in diesem Zusammenhang. Hiernach ist der Ausschlussgrund beispielsweise erfüllt, wenn die Angaben des Schuldners bezüglich der Höhe des Zahlungsverzugs und der betreffenden Gläubiger nicht nur unerheblich von den tatsächlichen Umständen abweichen. Eine geringfügige Abweichung ist insoweit nicht wesentlich. Unbeachtlich sind in diesem Zusammenhang auch streitige Sachverhalte, soweit das Bestreiten des Schuldners nicht für sich genommen unbeachtlich ist. Eine unzutreffende Verneinung von Vollstreckungs- oder Verwertungssperren gemäß § 50 Abs. 3 Nr. 2 sowie eine unzutreffende Behauptung der Erfüllung der Verpflichtungen aus den §§ 325 bis 328 oder aus § 339 HGB sind stets wesentlich und erfüllen den Ausschlusstatbestand. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn durch eine unzutreffende Zeitangabe die Kernaussage der Erklärung unzutreffend wird.
Die Stabilisierungsanordnung ist zu versagen, wenn keine Aussicht darauf besteht, dass ein das Restrukturierungskonzept umsetzender Plan von den Planbetroffenen angenommen oder vom Gericht bestätigt werden würde. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der vorgelegte Restrukturierungsplan an inhaltlichen Mängeln leidet, oder wenn eine Gruppe Planbetroffener den Plan bereits abgelehnt hat und damit keine erforderliche drei Viertel Stimmenmehrheit in den jeweiligen Gruppen der Planbetroffenen nach § 25 Abs. 1 zu erzielen und hinreichend sicher ist, dass dies sich auch nicht ändern wird. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn der Schuldner den Grund für die voraussichtliche Nichtannahme durch die Planbetroffenen oder die vom Gericht zu versagende Planbestätigung nicht beseitigen kann.
Insoweit ist allerdings zu beachten, dass der BGH beispielsweise zu der entsprechenden Regelung in § 231 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 InsO ausführt, dass sich das Gericht zur Wahrung der Entscheidungskompetenz der Gläubigerversammlung grundsätzlich zurückzuhalten und eine Bewertung der Wirtschaftlichkeit bzw. Umsetzbarkeit des Plans zu unterlassen hat (BGH ZInsO 2015, S. 1398, 1399).
Kann der Schuldner den Grund für die Nichtannahme oder die Versagung der Planbestätigung noch beseitigen, ist die Restrukturierung daher nicht aussichtslos.
Weiter ist die Stabilisierungsanordnung zu versagen, wenn dem Restrukturierungsgericht Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner noch nicht drohend zahlungsunfähig ist. Aus dieser Formulierung selbst, aber auch aus den §§ 14 und 29 (vgl. dort Rn. 11) ergibt sich, dass der Zustand der drohenden Zahlungsunfähigkeit die zentrale Zugangsvoraussetzung für die Inanspruchnahme der Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumente des StaRUGs ist (so auch Balthasar NZI Beilage 1/2021, S. 18; Frind ZInsO 2020, S. 2241, 2243; Gehrlein BB 2021, S. 66, 71; a.A. wohl Braun/Riggert § 51 Rn. 6). Das Amtsgericht Köln hat insoweit beispielsweise die gerichtliche Planbestätigung (§§ 60 ff.) gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 1 versagt, da es nicht von dem vorliegen der drohenden Zahlungsunfähigkeit des Schuldners vollständig überzeugt war, vgl. AG Köln Beschl. v. 3.3.2021 - 83 RES 1/21, ZIP 2021, 806-809. Anders ausgedrückt, sind Unternehmen, die noch nicht drohend zahlungsunfähig sind, ebenso wie Unternehmen, die bereits zahlungsunfähig oder überschuldet sind, von der Inanspruchnahme der Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumente ausgeschlossen (BT-Drs. 19/24181 S. 90, 131, 137, 151, 155 und 162; vgl. auch § 50 Rn. 28).
Die drohende Zahlungsunfähigkeit wird in § 18 Abs. 2 InsO legal definiert. Hiernach ist der Schuldner drohend zahlungsunfähig, wenn er voraussichtlich innerhalb eines Prognosezeitraums von regelmäßig 24 Monaten nicht mehr in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen, ohne bereits aktuell insolvenzreif zu sein (vgl. § 49 Rn 9 ff.). Bei dem gesetzlichen Prognosezeitraum von 24 Monaten handelt es sich nach der gesetzlichen Formulierung "In aller Regel" zwar nicht um einen abschließend festgelegten Zeitraum, aber um den Regelfall, der nach den Vorstellungen des Gesetzgebers auf die meisten Geschäftsbetriebe zutrifft. Nur in Einzelfällen kann auch auf einen kürzeren oder längeren Prognosezeitrum abgestellt werden, um den Besonderheiten des Schuldners bzw. seines Geschäftsbetriebs gerecht zu werden (BT-Drs. 19/24181 S. 196 Begründung zu § 18 Abs. 2 S. 2 InsO). Durch diese Regelvorgaben sollen Unsicherheiten hinsichtlich der Dauer des Prognosezeitraums der drohenden Zahlungsunfähigkeit beseitigt werden. Entsprechend hat der Schuldner regelmäßig den voraussichtlichen Eintritt der Zahlungsunfähigkeit innerhalb der nächsten 24 Monate nach Antragstellung für den Zugang zu den Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumenten des StaRUGs darzulegen. Soweit der Schuldner von dem Regelprognosezeitraum abweicht, hat er dies mit den Besonderheiten seines Geschäftsbetriebs oder seiner Person darzulegen.
Ausgehend von dem Regelprognosezeitraum von 24 Monaten bedeutet dies in Abgrenzung zum allgemeinen Insolvenzeröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit gemäß § 17 InsO, dass nach der Liquiditätsprognose die Zahlungsunfähigkeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht früher als drei Wochen nach Antragstellung und nicht spätestens als bis zum 24. Monat nach Antragstellung eintreten muss. Tritt nach der Liquiditätsprognose die Zahlungsunfähigkeit bereits innerhalb der ersten drei Wochen nach Antragstellung ein, liegt bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit vor und dem Schuldner ist der Zugang zu den Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumente des StaRUGs zu versagen, vgl. zur Ermittlung der Zahlungsunfähigkeit § 50 Rn. 37. Soweit es sich bei dem Schuldner um eine juristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtspersönlichkeit, bei der kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, sind die organschaftlichen Vertreter gemäß § 15a InsO zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet (vgl. hierzu auch § 29 Rn. 11).
Für juristische Personen oder für Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, verkürzt sich der vorgenannte Regelprognosezeitraum, in dem die Zahlungsunfähigkeit für die Annahme einer drohenden Zahlungsunfähigkeit vorliegen muss, durch den nur für diese Gesellschaften anwendbaren Insolvenzeröffnungsgrund der Überschuldung gemäß § 19 InsO auf die Zeit vom 13. Monat bis 24. Monat nach Antragstellung. Tritt nach der Liquiditätsprognose die Zahlungsunfähigkeit bereits innerhalb der ersten 12 Monate nach Antragstellung ein, liegt der Insolvenzeröffnungsgrund der Überschuldung gemäß § 19 Abs. 2 InsO vor, da die Fortführung des Unternehmens mit dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit nicht mehr als wahrscheinlich angenommen werden kann (so auch Fachausschuss Sanierung und Insolvenz (FAS) des IDW in dem Entwurf zur Neufassung des IDW Standards für die Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen (IDW ES 11 n.F.) vom 8.1.2021, Rn. 95 f.; vgl. auch § 49 Rn. 12).
Im Rahmen der Darlegung der drohenden Zahlungsunfähigkeit bzw. der Liquiditätsdarstellung im Rahmen der Fortbestehensprognose dürfen allerdings die Auswirkungen der begehrten Instrumente des Restrukturierungsrahmens berücksichtigt werden, wenn durch diese Rechtswirkungen die Zahlungsfähigkeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erhalten bleiben kann (so Fachausschuss Sanierung und Insolvenz (FAS) des IDW in dem Entwurf zur Neufassung des IDW Standards für die Beurteilung des Vorliegens von Insolvenzeröffnungsgründen (IDW ES 11 n.F.) vom 8.1.2021 unter Rn. 68). Ist es daher überwiegend wahrscheinlich, dass die Gläubiger die beabsichtigte Restrukturierung mit der erforderlichen Mehrheit unterstützen, so dass der prognostizierte Eintritt der Zahlungsunfähigkeit innerhalb der ersten 12 Monate nicht eintritt, darf weiterhin von der Zahlungsfähigkeit und mithin dem Nichtvorliegen einer bereits eingetretenen Überschuldung ausgegangen werden. An die Darlegung der drohenden Zahlungsunfähigkeit sind in Konstellationen, in denen ohne die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Instrumente des Restrukturierungsrahmens bereits Überschuldung im Sinne des § 19 Abs. 2 InsO eingetreten ist, deutlich erhöhte Anforderungen zu stellen. So ist neben einer detaillierten Darstellung der Liquiditätsentwicklung mit und ohne die Instrumente des Restrukturierungsrahmens, das voraussichtliche im Sinne des Restrukturierungsplans positive Abstimmungsverhalten der betroffenen Gläubiger darzulegen. Die einfache Behauptung, dass die erforderliche Mehrheit der betroffenen Gläubiger das Restrukturierungsvorhaben unterstützen werden, reicht in dieser Konstellation nicht mehr aus.
Umstände, aus denen das Restrukturierungsgericht erkennen kann, dass der Schuldner noch nicht drohend zahlungsunfähig ist, können sich zunächst aus der Darlegung der drohenden Zahlungsunfähigkeit, der begründeten Erklärung nach § 14 Abs. 1, der Vermögensübersicht nach § 14 Abs. 2 und der im Rahmen der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens gemäß § 31 Abs. 2 Nr. 3 einzureichenden Darstellung der Vorkehrungen, welche der Schuldner getroffen hat, um seine Fähigkeit sicherzustellen, seine Pflichten nach diesem Gesetz zu erfüllen (vgl. § 31 Rn. 20 ff.), ergeben.
Weiter können dem Gericht auch von Gläubigern oder am schuldnerischen Unternehmen beteiligten Personen Umstände bekannt gegeben werden, aus denen sich beispielsweise ergibt, dass eine wesentliche Stundung in der Liquiditätsprognose nicht berücksichtigt wurde, die dazu führt, dass die Zahlungsunfähigkeit nicht innerhalb des Prognosezeitraums für die drohende Zahlungsunfähigkeit eintritt. Gleiches gilt für das Bekanntwerden einer werthaltigen Patronatserklärung oder sonstigen Mittelzuflüssen, die bei der Darstellung der drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht berücksichtigt wurden.
Ergibt sich aus diesen Unterlagen oder sonstigen dem Gericht bekannten Umständen, dass die Zahlungsunfähigkeit mit hinreichender Wahrscheinlichkeit nicht innerhalb des Prognosezeitraums von regelmäßig 24 Monaten eintreten wird, liegt der Ausschlussgrund vor.
Aus dem auf eine Plausibilitätskontrolle eingeschränkten Prüfungsumfang (vgl. Rn. 3, 7) wird jedoch deutlich, dass das Restrukturierungsgericht einen Stabilisierungsantrag wegen Zweifeln an dem Vorliegen der drohenden Zahlungsunfähigkeit nur zurückweisen soll, wenn diese evident sind. Zur Vermeidung von Missbrauch kann das Restrukturierungsgericht für die Überprüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit einen Restrukturierungsbeauftragten gemäß § 73 Abs. 3 bestellen (vgl. § 73 Rn. 24 ff.).
Obwohl der Ausschlussgrund des § 51 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 nur den zahlungsfähigen Schuldner ausschließt, hat das Restrukturierungsgericht eine beantragte Stabilisierungsanordnung auch dann nicht zu erlassen, wenn Umstände bekannt sind, die auf die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Schuldners schließen lassen. Dies ergibt sich aus den eingangs erwähnten Zugangsvoraussetzungen zu den Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumenten des StaRUGs, die einem bereits insolventen Schuldner nicht mehr offenstehen (ausführlich begründet in BT-Drs. 19/24181 S. 137). Wird die Stabilisierungsanordnung für eine juristische Person oder für Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, bei denen kein persönlich haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, beantragt und tritt nach der Liquiditätsprognose die Zahlungsunfähigkeit bereits vor dem 13. Monat nach Beantragung ein, liegt der Insolvenzeröffnungsgrund der Überschuldung vor und der Zugang zu den Stabilisierungs- und Restrukturierungsinstrumenten des StaRUGs ist zu versagen. In einem solchen Fall hat die Insolvenzbewältigung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zu erfolgen (BT-Drs. 19/24181 S. 139). Eine bereits gemäß § 31 Abs. 3 rechtshängige Restrukturierungssache wäre gemäß §§ 33 Abs. 2 (Rn. 26 ff.), 59 Abs. 1 Nr. 4 (Rn. 15 ff.) regelmäßig von Amts wegen umgehend aufzuheben. Nur ausnahmsweise kann in diesen Fällen eine Aufhebung unterbleiben, wenn die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens mit Blick auf den erreichten Stand offensichtlich nicht im Interesse der Gesamtheit der Gläubiger liegt. Zudem kann das Restrukturierungsgericht von einer Aufhebung absehen, wenn die Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung aus der Kündigung oder sonstigen Fälligstellung einer Forderung resultiert, die nach dem angezeigten Restrukturierungskonzept einer Gestaltung durch den Plan unterworfen werden soll, sofern die Erreichung des Restrukturierungsziels überwiegend wahrscheinlich ist.
Schließlich ist die Stabilisierungsanordnung zu versagen, wenn dem Restrukturierungsgericht bekannt ist, dass die begehrte Anordnung nicht erforderlich ist, um das Restrukturierungsziel zu verwirklichen. Hierdurch sollen unnötige Eingriffe in die Gläubigerrechte verhindert werden. Ergibt sich beispielsweise aus den Antragsunterlagen, dass das Restrukturierungsziel auch ohne den Eingriff in die Gläubigerrechte nicht ernsthaft gefährdet wird, weil die Liquidität des Schuldners hinreichend ist, hat ein Eingriff in die Gläubigerrechte zu unterbleiben. Dies kann beispielsweise regelmäßig für die beantragte Stabilisierungsanordnung gegenüber einem Kleingläubiger angenommen werden, da ein liquiditätsmäßig geringer Eingriff kaum erforderlich sein dürfte, um das Restrukturierungsziel zu erreichen (so auch Morgen/Boss/Luttmann § 51 Rn. 32 ff.; BeckOK-StaRUG/Mock § 51 Rn. 12.2; HmbKommRestR/Undritz/Knof § 51 Rn. 21 ff.). Um eine derartige Ablehnung zu verhindern, kommt eine gemäß § 49 Abs. 2 S. 2 mögliche Erstreckung der Anordnung auf alle Gläubiger in Betracht. Hierdurch kann gegebenenfalls ein relevanter Liquiditätseingriff dargestellt werden. Allerdings ist dies nur möglich, soweit tatsächlich in der relevanten Höhe Vollstreckungen oder Sicherungsverwertungen drohen bzw. möglich sind. Eingriffe in das Prioritätsprinzip sind daher nur gerechtfertigt, wenn dies im übergeordneten Interesse der Gläubigergesamtheit liegt. Der Gesetzgeber nimmt insoweit an, dass Maßnahmen der individuellen Rechtsdurchsetzung geeignet sind, sich nachteilig auf die Bereitschaft anderer Gläubiger auszuwirken, das Vorhaben durch einen Sanierungsbeitrag zu unterstützen oder gar erst zu ermöglichen (BT-Drs. 19/24181, S. 154). Soweit sich die Maßnahme zunächst nur gegen einzelne, für sich betrachtet unbedeutende Gläubiger richtet, sollte im Rahmen des Stabilisierungsantrags dezidiert dargelegt werden, warum die Anordnung für die Erreichung des Restrukturierungsziels dennoch erforderlich ist (Verhinderung von Dominoeffekten, Erhalt der Sanierungsbereitschaft etc.). Das Amtsgericht Hamburg hat in einer am 18.01.2022 angeordneten Stabilisierungsanordnung allerdings lediglich zu dem Ausschlussgrund des § 51 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 ausgeführt, dass keine Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass die beantragte Anordnung nicht erforderlich ist, um das Restrukturierungsziel zu verwirklichen, ohne hierbei auf die gerichtsbekannten Umstände einzugehen (AG Hamburg ZRI 2022, 234, 236). Ob Zwangsvollstreckungsmaßnahmen drohten bzw. überhaupt die betreffenden Gläubiger über Vollstreckungstitel verfügten und mithin Vollstreckungsgefahr bestand, wurde nicht thematisiert. Sollten tatsächlich keine Umstände vorgetragen worden sein, die eine Stabilisierunsgmaßnahme erforderten, ist dieses enge Verständnis des Ausschlussgrunds wegen der Schwere des Eingriffes der Anordnung in die Gläubigerrechte und der nicht erforderlichen Anhörung der Gläubiger abzulehnen. Für den Erlass einer Stabilisierungsanordnung sollte jedenfalls eine abstrakte Gefahr von Vollstreckungen bzw. Verwertungen bestehen und dargelegt worden sein, die sich auf die Verwirklichung des Restrukturierungsziels negativ auswirken können (so wohl auch Skauradszun KTS 2021, 1, 27 in der Fußnote 119). Für ein enges Verständnis des Ausschlussgrunds jedenfalls bei einer Anordnung gegen „alle“ Gläubiger auch Frind in Nutzen und Grenzen der Stabilisierungsanordnung im StaRUGVerfahren aus gerichtlicher Sicht, ZRI 2021, 697, 700.
Liegen lediglich behebbare Mängel in der Restrukturierungsplanung vor, hat das Restrukturierungsgericht die begehrte Stabilisierungsanordnung bei gleichzeitiger Fristsetzung zur Mängelbeseitigung für einen vorläufigen Zeitraum von höchstens 20 Tagen zu erlassen (so auch AG Hamburg ZRI 2022, 234).
Diese Regelung entspricht im Wesentlichen dem § 270b Abs. 1 Satz 2 InsO in der ab dem 1.1.2021 gültigen Fassung.
Unter behebbaren Mängeln in der Restrukturierungsplanung sind vereinzelte und leicht zu behebende Fehler im eingereichten Restrukturierungsplanentwurf bzw. Restrukturierungskonzept und der Finanzplanung gemäß § 50 Abs. 2 zu verstehen. Es soll eine Verzögerung der Stabilisierungsanordnung in der zumeist bereits kritischen Zeit verhindert werden, soweit die Restrukturierungsplanung nicht insgesamt unschlüssig oder unvollständig ist.
Werden die Mängel in der Restrukturierungsplanung innerhalb der gesetzten Frist behoben, ordnet das Restrukturierungsgericht die beantragte Stabilisierungsmaßnahme endgültig an. Anderenfalls ist die Maßnahme aufzuheben.
In Abgrenzung zu den Ausschlussgründen nach § 51 Abs. 1 S. 1 Nr. 1-4 besteht trotz der behebbaren Mängel hinreichende Aussicht auf Erreichung des Restrukturierungsziels.
In Abs. 2 wird der in Abs. 1 auf eine Plausibilitätsprüfung reduzierte Prüfungsumfang des Restrukturierungsgerichts für die dort genannten Umstände insoweit erweitert, dass hier die begehrte Stabilisierungsanordnung nur ergehen darf, wenn trotz dieser Umstände zu erwarten ist, dass der Schuldner bereit und in der Lage ist, seine Geschäftsführung an den Interessen der Gläubigergesamtheit auszurichten. Das Vorliegen der genannten Umstände wird von dem Gesetzgeber als Indiz dafür angesehen, dass der Schuldner aufgrund seines Vorverhaltens die Interessen der Gläubigergesamtheit nicht ausreichend berücksichtigen wird. Der Erlass einer Stabilisierungsanordnung ist trotz Vorliegen der in Abs. 2 genannten Umstände jedoch nicht generell ausgeschlossen, sondern liegt im Ermessen des Restrukturierungsgerichts.
Bei erheblichen Zahlungsrückständen gegenüber Arbeitnehmern, aus Pensionszusagen oder dem Steuerschuldverhältnis, gegenüber den Sozialversicherungsträgern und Lieferanten oder Verstößen gegen die handelsrechtlichen Offenlegungspflichten soll im Gleichlauf mit den Neuregelungen in der InsO zur Eigenverwaltung gemäß § 270b Abs. 2 InsO zwar die Anordnung einer Stabilisierungsordnung nicht generell ausgeschlossen sein, aber an besondere Voraussetzungen gebunden sein. Hier muss das Gericht überzeugt sein, dass der Schuldner dennoch bereit und in der Lage ist, die Interessen der Gläubigergesamtheit zu wahren.
Gemäß Abs. 2 S. 2 gilt die Einschränkung auch für den Fall, dass zugunsten des Schuldners in den letzten drei Jahren vor der Stellung des Antrags die in § 49 Abs. 1 genannten Vollstreckungs- oder Verwertungssperren oder vorläufige Sicherungsanordnungen nach § 21 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 oder 5 InsO angeordnet wurden, sofern nicht der Anlass dieser Anordnungen durch eine nachhaltige Sanierung des Schuldners bewältigt wurde. Beweisbelastet dafür, dass der Grund für die damalige Anordnung durch eine nachhaltige Sanierung beseitigt wurde, ist der Schuldner.
Diese Regelung entspricht in weiten Teilen dem § 270b Abs. 2 InsO. Erfasst werden Sachverhalte, bei denen Zweifel an der Sanierbarkeit wegen dem Verhalten des Schuldners bestehen.
Hat der Schuldner mit dem Antrag keinen aktualisierten Restrukturierungsplan im Sinne des § 50 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 1, sondern lediglich ein aktuelles Konzept für die Restrukturierung nach § 31 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 (vgl. § 31 Rn. 13 ff.) eingereicht, kann das Restrukturierungsgericht nach Abs. 3 dem Schuldner eine Frist zur Vorlage eines Restrukturierungsplans setzten.
Unter Abwägung der widerstreitenden Interessen dürfte eine Frist zwischen vier und sechs Wochen regelmäßig angemessen sein. Mit der Frist soll das Restrukturierungsgericht sicherstellen, dass der Restrukturierungsplan so rechtzeitig vorlegt wird, dass die Gläubiger und gegebenenfalls das Gericht den Plan vor der Abstimmung hinreichend prüfen und ggf. nachverhandeln können, vgl. §§ 20 Abs. 1 S. 5; 45 Abs. 2, 64.
Auch wenn es sich bei den Stabilisierungsmaßnahmen regelmäßig um Eilmaßnahmen handelt, wird sich der Schuldner im Hinblick auf die lediglich drohende Zahlungsunfähigkeit nicht erst im Rahmen des Stabilisierungsantrags mit den Möglichkeiten einer Restrukturierung seines Unternehmens befasst haben. Er wird jedenfalls intern bereits die Voraussetzungen für Restrukturierung mit den Instrumenten des StaRUGs, inklusive der erforderlichen Sanierungsbeiträge der Gläubiger für den dauerhaften Erhalt seines Unternehmens geprüft und sich mit den gesetzlichen Voraussetzungen befasst haben. Der Schuldner dürfte daher schwerlich von der Aufforderung zur Vorlage eines aktuellen Restrukturierungsplans überrascht werden. Soweit der Schuldner ernsthaft die Sanierung seines Unternehmens mit den Instrumenten des StaRUGs verfolgt, wird er ohnehin bereits mit der Erstellung eines Restrukturierungsplans befasst sein und hiermit nicht erst nach der Beantragung einer Stabilisierungsanordnung beginnen.
Weiter ist zu berücksichtigen, dass der vorzulegende Plan zwar den Anforderungen der §§ 5 ff. genügen und aktuell sein muss, jedoch noch im Rahmen der gegebenenfalls erst jetzt beginnenden Verhandlungen mit den betroffenen Gläubigern abgeändert werden kann. Es muss sich bei dem Plan nicht um den finalen Plan handeln.
Soweit in dem konkreten Fall einerseits keine Zweifel an der Restrukturierungsfähigkeit des Schuldners und der Ernsthaftigkeit des Restrukturierungsvorhabens bestehen und andererseits nachvollziehbare Gründe dafür vorliegen, dass der Restrukturierungsplan nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen vorgelegt werden kann (z.B. international agierendes Unternehmen mit komplexer Gesellschafts- und Gläubigerstruktur) ist eine längere Frist ausnahmsweise möglich.
Auch eine Verlängerung der Frist, soweit die Gründe hierfür nachvollziehbar erläutert werden, sollte möglich sein.
Legt der Schuldner binnen der gesetzten Frist keinen ordnungsgemäßen Restrukturierungsplan vor, wird die erlassene Stabilisierungsanordnung nach § 59 Abs. 1 Nr. 3 wieder aufgehoben (§ 59 Rn. 12 ff.). In diesem Fall dürfte es dem Schuldner entweder an der Ernsthaftigkeit seines Restrukturierungsvorhabens fehlen oder die Situation hat sich derart zugespitzt, dass eine Restukturieung nach dem StaRUG nicht (mehr) das richtige Verfahren für die Sanierung des Schuldners ist.
Jedenfalls bis zum Inkrafttreten der §§ 84 ff. (öffentliche Restrukturierungssachen) am 17.7.2022 ist die Anordnung jedem von ihr betroffenen Gläubiger zuzustellen. Dies verdeutlicht nochmals, dass unabhängig von den inhaltlichen Anforderungen einer Anordnung die von der Anordnung betroffenen Gläubiger im Antrag nach § 50 Abs. 1 vom Schuldner konkret mit einer zustellfähigen Anschrift im Antrag bezeichnet werden müssen.
Mit der Zustellung der Anordnung soll erreicht werden, dass die von ihr betroffenen Gläubiger nicht in Unkenntnis der Stabilisierungsmaßnahmen Vollstreckungsversuche unternehmen (BT-Drs. 19/24181, S. 156).
Neben einer Zustellung an den betreffenden Gläubiger sollte der Beschluss mit dem eine Vollstreckungssperre ausgesprochen wird auch den Vollstreckungsorganen und den betroffenen Drittschuldnern zugestellt werden.
Gemäß § 41 Abs. 1 erfolgen Zustellungen von Amts wegen, ohne dass es einer Beglaubigung des zuzustellenden Schriftstücks bedarf durch das Restrukturierungsgericht (vgl. § 41 Rn. 1 ff.). Die Zustellung kann durch Aufgabe zur Post bewirkt werden und gilt bei Zustellungen im Inland nach drei Tage nach Aufgabe zur Post als zugestellt, § 184 Abs. 2 S. 1, 2 und 4 ZPO gilt entsprechend.
Gemäß § 41 Abs. 3 kann das Gericht den Schuldner unter der Maßgabe der §§ 191 bis 194 ZPO mit der Zustellung beauftragen (vgl. § 41 Rn. 8).
Zudem kann das Restrukturierungsgericht gemäß § 76 Abs. 6 den Restrukturierungsbeauftragten mit der Zustellung beauftragen, soweit ein solcher bestellt ist (vgl. § 76 Rn. 50).
Ab dem 17.7.2022 kann bei Vorliegen eines Antrags des Schuldners nach §§ 84 ff. auf eine Zustellung verzichtet werden, wenn sich die Anordnung mit Ausnahme der in § 4 genannten Gläubiger gegen alle Gläubiger richtet. Dies ist in der Anordnung entsprechend zu formulieren (vgl. § 4 Rn. 3).
Über den Antrag auf Anordnung einer Stabilisierungsmaßnahme entscheidet das Restrukturierungsgericht gemäß § 51 Abs. 5 S. 1 durch Beschluss.
Soweit das Restrukturierungsgericht den Antrag auf die begehrte Stabilisierungsanordnung ablehnt, steht dem Schuldner die sofortige Beschwerde zu. Ein entsprechendes Beschwerderecht steht dem Gläubiger nicht zu.
Die von der Stabilisierungsanordnung betroffenen Gläubiger können gemäß § 59 Abs. 2 nur einen Antrag auf Aufhebung der Stabilisierungsanordnung stellen. Hierbei ist das Vorliegen eines Beendigungsgrunds glaubhaft zu machen (vgl. § 59 Rn. 23 ff.).
Verstößt ein Gläubiger gegen die Vollstreckungssperre, steht dem Schuldner der Rechtsbehelf der Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO zu. Aufgrund der Sachnähe ist das Restrukturierungsgericht zuständig.