(1) Planbetroffene können im Restrukturierungsforum des Bundesanzeigers andere Planbetroffene auffordern, das Stimmrecht im Rahmen einer Planabstimmung in bestimmter Weise auszuüben, eine Stimmrechtsvollmacht zu erteilen oder einen Vorschlag zur Änderung des vorgelegten Restrukturierungsplans zu unterstützen.
(2) Die Aufforderung hat die folgenden Angaben zu enthalten:
- den Namen und eine Anschrift des Planbetroffenen,
- den Schuldner,
- das Restrukturierungsgericht und das Aktenzeichen der Restrukturierungssache,
- den Vorschlag für die Stimmrechtsausübung, für die Stimmrechtsvollmacht oder zur Änderung des Plans und
- den Tag der Versammlung der Planbetroffenen oder des Fristablaufs zur Annahme des Planangebots.
(3) Die Aufforderung kann auf eine Begründung auf der Internetseite des Auffordernden und deren elektronische Adresse hinweisen.
(4) Der Schuldner kann im Restrukturierungsforum des Bundesanzeigers auf eine Stellungnahme zu der Aufforderung auf seiner Internetseite hinweisen.
(5) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die äußere Gestaltung des Restrukturierungsforums und weitere Einzelheiten insbesondere zu der Aufforderung, dem Hinweis, den Entgelten, zu Löschungsfristen, zum Löschungsanspruch, zu Missbrauchsfällen und zur Einsichtnahme zu regeln.
Übersicht
Durch das, auf der Internetpräsenz des Bundesanzeigers, zu schaffende Restrukturierungsforum soll der Austausch von Planbetroffenen im Vorfeld des Abstimmungstermins über den Restrukturierungsplan ermöglicht werden. Hier sollen Betroffene, insbesondere solche mit kleineren Stimmrechten (vgl. § 24 Abs. 1 Nr. 1), ihre Interessen aufeinander abstimmen und sich durch Kontaktaufnahme gemeinsam organisieren können (BT-Drucks. 19/24181, 180 noch zum StaRUG-RegE mit § 94; auf die Historie der Norm hinweisend Morgen/Brackmann, StaRUG, § 87 Rn. 4). Wer als Planbetroffener gilt, ergibt sich dabei aus der Legaldefinition des § 7 Abs. 1.
Bei der Implementierung des Restrukturierungsforums dürfte eine Orientierung an den Regelungen zum Aktionärsforum (vgl. § 127a AktG) stattgefunden haben. Es bleibt allerdings zu wünschen, dass die praktische Bedeutung des Restrukturierungsforums künftig eine höhere sein wird (Morgen/Brackmann, StaRUG, § 87 Rn. 20; ebenfalls mit Verweis auf § 127a AktG Zweifel äußernd Flöther/Naumann, StaRUG, § 87 Rn. 1).
Aufgrund der Verortung der Vorschrift im Kapitel „öffentliche Restrukturierungssachen“ spricht viel dafür, dass die Regelung nur bei öffentlichen Restrukturierungssachen zur Anwendung gelangen soll.
Gemäß § 87 Abs. 1 können Planbetroffene über das Restrukturierungsforum andere Planbetroffene auffordern (1) das Stimmrecht im Rahmen einer Planabstimmung in einer bestimmten Weise auszuüben, (2) eine Stimmrechtsvollmacht zu erteilen oder (3) einen Vorschlag zur Änderung des vorgelegten Restrukturierungsplans zu unterstützen.
Besonders in größeren Verfahren soll ein Instrument zur Verfügung stehen, welches die Kontaktaufnahme der Planbetroffene untereinander erleichtert.
Gemäß § 25 bedarf es zur Annahme des Restrukturierungsplans einer Dreiviertelmehrheit der Stimmrechte in jeder Gruppe des Plans. § 87 bietet damit die Möglichkeit, Einfluss auf das Abstimmungsverhalten der Betroffenen zu nehmen. Hervorzuheben ist allerdings, dass das Restrukturierungsforum kein Forum für eine allgemeine Diskussion der Betroffenen über den Plan oder das Verfahren allgemein darstellt. Zwar wollte der Gesetzgeber grds. auch den allgemeinen Austausch der Betroffenen fördern, dieser soll jedoch außerhalb des Forums stattfinden (Flöther/Naumann, StaRUG, § 87 Rn. 2). Die Möglichkeit der Kontaktaufnahme der Beteiligten untereinander wird dabei über die nach Abs. 2 erforderlichen Angaben des Auffordernden geschaffen.
Die Aufforderung hat die in Abs. 2 Nr. 1 – Nr. 5 erforderlichen Angaben zu enthalten. Damit soll gewährleistet werden, dass Aufforderungen einerseits einheitlich, andererseits aber auch übersichtlich sind und das Missbrauchspotenzial geschmälert wird. Ziel ist es, die ersten und wichtigsten Informationen als Pflichtangaben für eine Interaktion verschiedener Planbetroffener in der Aufforderung zur Ausübung der Stimmrechtsausübung zu garantieren und eine anonyme Aufforderung zu verhindern. Ein Nachweis über die Stellung als Planbetroffener i.S.d. § 7 wird hingegen nicht für erforderlich gehalten (Morgen/Brackmann, StaRUG, § 87 Rn. 13).
Durch Angabe des Tags der Versammlung bzw. des Fristablaufs zur Annahme des Plans (Nr. 5) soll bereits in der Aufforderung die Dringlichkeit zu erkennen sein, wenngleich diese Angaben auch bereits durch den Schuldner mitgeteilt wurden (BeckOK-StaRUG/Skauradszun, § 87 Rn. 17).
Zusammen mit der Aufforderung kann der jeweilige Planbetroffene auf Begründungen zu seiner Aufforderung hinweisen. Mehr Interaktion zwischen den Planbetroffenen ist im Forum nicht vorgesehen, sodass das Forum „eher die Funktion einer Pinnwand als die einer Plattform“ (Morgen/Brackmann, StaRUG, § 87 Rn. 2) hat und eine Kontaktaufnahme darüber hinaus außerhalb des Forums erfolgen kann und muss (Flöther/Naumann, StaRUG, § 87 Rn. 2). Eine Pflicht zur Begründung ist dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu entnehmen. Insgesamt soll die Kontaktaufnahme leichter sein, wenn auf eine Begründung verwiesen wird (Pannen/Riedemann/Smid/Riedemann, StaRUG, § 87 Rn. 11). Dennoch wird der Umgang mit dem Forum dadurch umständlicher, da nicht nur auf eine Informationsquelle zugegriffen werden kann (Morgen/Brackmann, StaRUG, § 87 Rn. 14) Das führt zu einem Mehraufwand bei der Informationsbeschaffung und erschwert den Vorgang insgesamt.
Lediglich § 87 Abs. 4 ermöglicht es dem Schuldner, sich an der Meinungsbildung zu beteiligen und somit einen Ausgleich der Interessen (Stichwort: Chancengleichheit) herbeizuführen (BeckOK-StaRUG/Skauradszun, § 87 Rn. 2). Eine aktive Beteiligung ist dabei nicht vorgesehen, vielmehr kann der Schuldner nur über das Forum auf seine Stellungnahme zu der Aufforderung des Planbetroffenen auf seiner Internetseite hinweisen.
Üblicherweise wird es sich bei der Stellungnahme des Schuldners um eine Gegenäußerung handeln, wenn zuvor Planbetroffene dazu aufgerufen haben gegen den Plan zu stimmen. Ohne die Möglichkeit der Gegenrede hätte der Schuldner durch die neue Regelung erhebliche Nachteile, da er auf die Meinungsbildung bei der Planabstimmung keinerlei Einfluss nehmen könnte. Dies würde jedoch den Zweck des Sanierungsverfahrens konterkarieren und die Position einzelner Plangläubiger zu Lasten des Gesamterfolges stärken. Insofern bleibt es dem Schuldner zu empfehlen, das Forum regelmäßig auf Aufforderungen von Planbetroffenen zu prüfen, um schnellstmöglich mit einer eigenen Stellungnahme reagieren zu können (Flöther/Naumann, StaRUG, § 87 Rn. 11).
Der Gesetzestext lässt Fragen zu Einzelheiten hinsichtlich der Aufforderung, den Hinweisen, zu der Löschung und zum Missbrauch unbeantwortet. Hinsichtlich der Behandlung von Missbrauchsfällen ist noch unklar, wie der Schuldner sich in diesen Fällen zur Wehr setzen kann. Hierbei werden die Einlegung von Rechtsmitteln, aber auch das Einsetzen eines Forumsmoderators diskutiert (Braun-StaRUG/Tashiro, § 87 Rn 9; Flöther/Naumann, StaRUG, § 87 Rn. 9). Auch an Regelungen zum Datenschutz fehlt es gegenwärtig noch, so dass die Vereinbarkeit mit der DSGVO in Zweifel gezogen wird (Pannen/Riedemann/Smid/Riedemann, StaRUG, § 87 Rn. 1).
Abs. 5 sieht vor, dass Einzelheiten zu diesen Fragestellungen in einer Rechtsverordnung des Bundesjustizministeriums geregelt werden. Der Verordnungstext ist derzeit noch nicht absehbar.