(1) Eine Gruppe von Gläubigern ist angemessen am Planwert beteiligt, wenn
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kein anderer planbetroffener Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen,
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weder ein planbetroffener Gläubiger, der ohne einen Plan in einem Insolvenzverfahren mit Nachrang gegenüber den Gläubigern der Gruppe zu befriedigen wäre, noch der Schuldner oder eine an dem Schuldner beteiligte Person einen nicht durch Leistung in das Vermögen des Schuldners vollständig ausgeglichenen wirtschaftlichen Wert erhält und
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kein planbetroffener Gläubiger, der in einem Insolvenzverfahren gleichrangig mit den Gläubigern der Gruppe zu befriedigen wäre, bessergestellt wird als diese Gläubiger.
(2) Für eine Gruppe der an dem Schuldner beteiligten Personen liegt eine angemessene Beteiligung am Planwert vor, wenn nach dem Plan
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kein planbetroffener Gläubiger wirtschaftliche Werte erhält, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen, und
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vorbehaltlich des § 28 Absatz 2 Nummer 1 keine an dem Schuldner beteiligte Person, die ohne Plan den Mitgliedern der Gruppe gleichgestellt wäre, einen wirtschaftlichen Wert behält.
Übersicht
§ 27 konkretisiert das Merkmal der angemessenen Beteiligung einer Gruppe am Planwert. Diese ist nach § 26 Abs. 1 Nr. 2 Voraussetzung der Zustimmungsfiktion. § 27 Abs. 1 regelt die angemessene Beteiligung einer Gruppe von Gläubigern, § 27 Abs. 2 die angemessene Beteiligung von Anteilsinhabern.
§ 27 Abs. 1 ist an § 245 Abs. 2 InsO angelehnt. § 27 Abs. 2 entspricht im Wesentlichen § 245 Abs. 3 InsO (BT-Drs. 19/24181, S. 129).
Nach der Richtlinie (EU) 2019/1023 vom 20.06.2019 war es den Mitgliedsstaaten freigestellt, bei der Ausgestaltung des klassenübergreifenden cram-down auf die relative Prioritätsregel (Art. 11 Abs. 1 c) RL 2019/1023) oder auf die absolute Prioritätsregel (Art. 11 Abs. 2 RL 2019/1023) zurückzugreifen. Nach der relativen Prioritätsregel ist die Zustimmung einer Gruppe zum Restrukturierungsplan entbehrlich, wenn ihre Mitglieder besser als die Mitglieder nachrangiger Gruppen behandelt werden. Nach der absoluten Prioritätsregel greift die Zustimmungsfiktion nur dann, wenn der Plan für eine gegenüber der ablehnenden Gläubigergruppe nachrangige Gläubigergruppe keine Befriedigung vorsieht. Mit § 27 folgt der deutsche Gesetzgeber – entsprechend dem insolvenzplanrechtlichen Vorbild des § 245 Abs. 2 InsO – der absoluten Prioritätsregel, durchbricht diese jedoch punktuell in § 28.
§ 27 Abs. 1 bestimmt, wann eine Gläubigergruppe angemessen am Planwert beteiligt ist. Die Voraussetzungen der Nr. 1 bis Nr. 3 müssen kumulativ erfüllt sein (vgl. auch Skauradszun/Fridgen/Spahlinger, StaRUG, § 27 Rn. 7; Morgen/Kowalewski/Praß, StaRUG § 27 Rn. 23; kritisch dazu: Pannen/Riedemann/Smid/Smid, StaRUG, § 27 Rn. 19).
Nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 darf kein anderer planbetroffener Gläubiger wirtschaftliche Werte erhalten, die den vollen Betrag seines Anspruchs übersteigen. Die Regelung entspricht der insolvenzplanrechtlichen Vorschrift des § 245 Abs. 2 Nr. 1 InsO. Gläubiger(gruppen) sollen nicht dann gegen ihren Willen einen Rechtsverlust erleiden müssen, wenn andere Gläubiger(gruppen) sogar mehr bekommen als ihnen zusteht.
Mit dem „vollen Betrag des Anspruchs“ ist eine 100 %-Quote gemeint. Maßgeblich ist insoweit die dem jeweiligen Gläubiger vom Schuldner bei Unterbreitung des Planangebots zugewiesene Forderung, vgl. § 17 Abs. 2.
§ 27 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG entspricht § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO und normiert den Grundgedanken der absoluten Prioritätsregel (vgl. Rn. 3). Für die Annahme einer angemessenen Beteiligung wird danach vorausgesetzt, dass weder ein Gläubiger, der ohne Plan nachrangig gegenüber der ablehnenden Gruppe zu befriedigen wäre, noch der Schuldner oder eine an dem Schuldner beteiligte Person nach dem Plan einen wirtschaftlichen Wert erhält, solange der Zufluss nicht durch eine Leistung in das schuldnerische Vermögen ausgeglichen wird. Durchbrochen wird diese Regel durch die Ausnahmen des § 28 Abs. 2.
Das StaRUG unterscheidet einfache Restrukturierungsgläubiger und nachrangige Restrukturierungsgläubiger (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3). Bei den einfachen Restrukturierungsgläubigern handelt es sich grundsätzlich um diejenigen Gläubiger, die in einem Insolvenzverfahren in den Rang des § 38 InsO fallen. Forderungen aus Zinsen und Säumniszuschlägen (§ 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO) gehören nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 – anders als im Insolvenzverfahren – ebenfalls zu den einfachen Restrukturierungsforderungen. Nachrangige Gläubiger sind solche, deren Forderungen im Rang des § 39 Abs. 1 Nr. 4 und 5, Abs. 2 InsO (unentgeltliche Leistungen, Gesellschafterdarlehen, Rangrücktrittsvereinbarungen) einzuordnen sind. Forderungen im Rang des § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO (Geldstrafen, Ordnungsgelder, Zwangsgelder etc.) sind im Wege des StaRUG-Verfahrens nicht gestaltbar, § 4 Nr. 3.
Nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 darf kein planbetroffener Gläubiger, der in einem Insolvenzverfahren mit Nachrang gegenüber den Gläubigern der dissentierenden Gruppe zu befriedigen wäre, einen nicht durch Gegenleistung ausgeglichenen wirtschaftlichen Wert erhalten. Die Vorschrift stellt mithin auf die hypothetischen Rangverhältnisse in einem Insolvenzverfahren und nicht auf die Rangklassen des § 9 ab. Unter den nachrangigen Restrukturierungsgläubigern ist demnach zu differenzieren, ob es sich um einen Gläubiger im Rang des § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO oder § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO handelt. Für diese Rangklassen sind nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StaRUG eigene Gruppen zu bilden. Eine anderslautende Behandlung der nachrangigen Restrukturierungsgläubiger (so wohl aber Braun-StaRUG/Herzig, § 25 Rn. 6, der nur zwischen einfachen und nachrangigen Restrukturierungsforderungen unterscheiden will) steht im klaren Widerspruch zum Wortlaut des § 27 Abs. 2 Nr. 2, wonach auf die Rangverhältnisse des Insolvenzverfahrens abzustellen ist und damit auch auf das Rangverhältnis zwischen § 39 Abs. 1 Nr. 4 InsO und § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO. Zu Lasten der Nachranggläubiger im Rang des § 39 Abs. 1 Nr. 4 greift die Zustimmungsfiktion des § 26 demnach nur dann, wenn kein Nachranggläubiger im Rang des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO einen wirtschaftlichen Wert erhält. Den Nachranggläubigern nach § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO steht keine andere Gläubigergruppe im Rang nach (HmbKomm-InsR/Thies/Lieder, § 245 Rn. 12).
Welche Bedeutung die Vorschrift für laufende Zinsen hat, ist dagegen zweifelhaft. Stellt man auf die insolvenzrechtliche Regelung ab, dürften auf laufende Zinsen keine Zahlungen entfallen, denn diese sind nachrangig (§ 39 Abs. 1 Nr. 1 InsO). Dann würde es aber gar keinen Sinn ergeben, diese in die Gruppen der einfachen Restrukturierungsgläubiger einzubeziehen (wie es aber § 9 Abs. 1 Nr. 2 vorschreibt) – das Obstruktionsverbot würde immer an den auf sie entfallenden Zahlungen scheitern. Denkbar wäre, keine Zahlungen auf laufende Zinsen vorzusehen, womit dann allerdings die Anordnung des § 9 Abs. 1 Nr. 2 vollständig ins Leere laufen würde. Man wird die Vorschrift daher systematisch so auslegen müssen, dass Zahlungen auf laufende Zinsen nicht schaden. Mit dem Wortlaut wird man das insofern (gerade) noch vereinbaren können, als Gläubiger laufender Zinsen immer zugleich Gläubiger im Rang des § 38 InsO sein werden und eine Zahlung an sie auf die laufenden Zinsen daher keine Zahlung an einen Gläubiger ist, der in einem Insolvenzverfahren ohne einen Plan (nur) mit Nachrang zu befriedigen wäre (dem im Ergebnis folgend HmbKomm-StaRUG/Kaldenbach, § 27 Rn. 12).
Auf das Verhältnis zu den Gruppen mit Forderungen von Inhabern von Absonderungsanwartschaften (§ 9 Abs. 1 Nr. 1) ist die Vorschrift ebenso wie § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO auf das Verhältnis von Absonderungs- und Insolvenzgläubigern nicht anwendbar (K. Schmidt/Spliedt, § 245, Rn. 23, Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 245 Rn. 24, Braun-StaRUG/Herzig, § 27 Rn. 6; Skauradszun/Fridgen/Spahlinger, StaRUG, § 27 Rn. 19; kritisch dazu Morgen/Kowalewski/Praß, StaRUG, § 27 Rn. 34; zum Stand der Diskussion im Rahmen des § 245 InsO MüKo-InsO/Drukarczyk/Schüler, § 245 Rn. 75). Ein Rangverhältnis zwischen Absonderungsanwartschaften und anderen Restrukturierungsforderungen im Sinne der Vorschrift besteht nicht – soweit die Sicherheit werthaltig ist, ist ihre vollständige Bedienung schon durch das Schlechterstellungsverbot des § 26 Abs. 1 Nr. 1 gesichert und es bedarf keiner weiteren Angemessenheitsprüfung. Soweit sie nicht werthaltig ist, nimmt der Ausfall mit seinem jeweiligen Rang als Restrukturierungsforderung teil. „In einem Insolvenzverfahren mit Nachrang“ bezieht sich insoweit allein auf die Rangverhältnisse der §§ 38, 39 InsO und anderweitige Nachrangregelungen kennt die InsO nicht (vgl. dazu auch HmbKomm-InsR/Thies/Lieder, § 245 Rn. 13).
Im Unterschied zu § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO a.F. billigt § 27 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StaRUG eine Wertzuweisung an den Schuldner oder an ihm beteiligter Personen, wenn die Wertzuweisung durch Leistung in das Vermögen des Schuldners vollständig ausgeglichen wird. Diese Kompensationsmöglichkeit und Klarstellung der Unschädlichkeit einer Wertzuweisung ist nun auch im Insolvenzplanverfahren verankert worden (vgl. § 245 Abs. 2 Nr. 3 InsO n.F.).
Ziel des Restrukturierungsverfahrens nach dem StaRUG ist es eine drohende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen (§ 29 Abs. 1), den Rechtsträger zu erhalten und die Fortführung des schuldnerischen Betriebs zu ermöglichen. Es ist daher naheliegend, dass dem Schuldner bzw. den an ihm beteiligten Personen bei erfolgreichem Durchlaufen des StaRUG-Verfahrens ein Wert zugewiesen wird, wenn die Beteiligungsverhältnisse in der bisherigen Form bestehen bleiben.
Für die Bestimmung, ob und wenn ja, in welchem Umfang eine Wertzuweisung im Sinne des § 27 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 gegeben ist, kann grundsätzlich auf die von der h.M. in der Literatur zu § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO a.F. entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden. Danach ist für die Bestimmung der Wertzuweisung eine bilanzielle Betrachtung anzustellen (zum StaRUG so auch Morgen/Kowalewski/Praß, StaRUG, § 27 Rn. 33; Braun-StaRUG/Herzig, § 27 Rn. 9). Ergibt sich danach ein Zuwachs an Eigenmitteln, ist zu Gunsten des Schuldners/der Anteilsinhaber ein Vermögenszuwachs und damit eine Wertzuweisung anzunehmen, wenn durch den Wegfall der Verbindlichkeiten nicht lediglich ein nicht durch das Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag beseitigt wird (vgl. u.a. Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 245 Rn. 27, 29; HambKomm-InsR/Thies/Lieder, § 245 Rn. 14; Braun-InsO/Frank, § 245 Rn. 13, 15). Das Vorliegen einer bilanziellen Überschuldung schließt den Zugang zum Restrukturierungsverfahren nach dem StaRUG nicht aus. Entscheidend ist lediglich, dass nicht innerhalb der nächsten 12 Monate Zahlungsunfähigkeit eintritt, weil in diesem Fall eine insolvenzrechtliche Überschuldung nach § 19 InsO gegeben wäre, bei deren Vorliegen ein Verfahren nach dem StaRUG ausscheidet (vgl. §§ 32 Abs. 3, 33 Abs. 2 Nr. 1).
Für die bilanzielle Betrachtung sind die voraussichtlichen Aktiva und Passiva zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Bestätigung des Restrukturierungsplans einander gegenüberzustellen. Die Bewertung der Aktiva hat bei dem auf eine Betriebsfortführung gerichteten StaRUG-Verfahren nach Fortführungswerten zu erfolgen. Bei den Passiva wird der planbedingte Wegfall der Verbindlichkeiten berücksichtigt. Die Kapitalzufuhr von dritter Seite (§ 12) bleibt im Rahmen der Betrachtung unberücksichtigt (zur entsprechenden Handhabung bei § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO a.F. vgl. Braun-InsO/Frank, § 245 Rn. 15). Ergibt sich danach ein Zuwachs an Eigenmitteln und ein positiver Kapitalsaldo, ist anhand dessen die Wertzuweisung zu bestimmen.
Richtig erscheint, an dieser Stelle neben dem Kapitalsaldo auch die künftigen Erträge in die Bewertung der Wertzuweisung mit einzubeziehen (ebenso HambKomm-InsR/Thies/Lieder, § 245 a.a.O.; zum StaRUG: Morgen/Kowalewski/Praß, StaRUG, § 27 Rn. 33; Bork, ZRI 2021, S. 345, 357.; a.A. Uhlenbruck/Lüer/Streit, a.a.O., der sich gegen eine dynamische und zukunftsgerichtete Bewertung ausspricht). Bei wirtschaftlicher Betrachtung ist in der Teilhabe an den künftigen Erträgen für den Schuldner/die Anteilsinhaber gerade der entscheidende Mehrwehrt zu sehen, der der Beteiligung durch den Plan zugewiesen wird. Es ist kein Grund ersichtlich, zu Gunsten des Schuldners/der Anteilsinhaber diesen voraussichtlichen Vermögenszuwachs unberücksichtigt zu lassen. Der künftige Ertragswert ist auf Grundlage der bisherigen Ergebnisse unter Berücksichtigung etwaiger sich aufgrund des Plans ergebender Änderungen, z.B. bei der Höhe der künftigen Tilgungsraten, zu prognostizieren. Zugrunde gelegt werden kann die vom Schuldner dem Restrukturierungsplan nach § 14 Abs. 2 beizufügende Ertragsplanung. Da langfristige betriebswirtschaftliche Prognosen kaum belastbar sind, erscheint es angebracht, zu Gunsten des Schuldners/der Anteilsinhaber – insbesondere für nicht auszuschließende Fehlentwicklungen – einen nach dem Nichteintrittsrisiko zu bestimmenden marktgerechten Risikoabschlag vorzunehmen.
Die Übertragung der zu 245 InsO entwickelten Grundsätze, wonach eine Wertzuweisung an den Schuldner/Anteilsinhaber im Zweifelsfall nur dann anzunehmen ist, wenn ein Dritter am Kauf der Anteile Interesse zeigt, ist im Rahmen des § 27 Abs. 1 Nr. 2 abzulehnen (anders vertreten vom AG Dresden, NZI 2021, 893, 894). Da regelmäßig Kaufinteressenten für die Anteile an einem restrukturierten und in der Folge ertragsfähigen Unternehmen vorhanden sein werden, verfängt diese Zweifelsregel im Rahmen des StaRUG-Verfahrens nicht (vgl. ausführlich dazu Morgen/Kowalewski/Praß, StaRUG, § 27 Rn. 36 f.).
Eine planbedingte Wertzuweisung an den Schuldner oder einen Anteilsinhaber ist unschädlich, wenn eine kompensierende Leistung in das Haftungsvermögen fließt (§ 27 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2). Die Kompensation muss den wirtschaftlichen Wert ausgleichen, den der Schuldner/Anteilsinhaber durch den erfolgreichen Restrukturierungsplan erhält. Wie der an den Schuldner/Anteilsinhaber durch den Plan zugewiesene Wert zu bestimmen ist, wird unter Rn. 13 f. dargestellt. Die Höhe der Kompensation muss sich, wenn sie ausreichend sein soll, daran orientieren. Die Kompensation wird in Form einer Geld- oder Sachleistung möglich sein (so auch Skauradszun/Fridgen/Spahlinger, StaRUG, § 27 Rn. 17; mit Einschränkung Morgen/Kowalewski/Praß, StaRUG, § 27 Rn. 58, wonach nur der Sanierung dienliche Sachleistungen zulässig sein sollen). Auch die Übernahme einer persönlichen Haftung kann eine Ausgleichsleistung darstellen (Bork, ZRI 2021, 345, 358; Skauradszun/Fridgen/Spahlinger, StaRUG, § 27 Rn. 7). Ebenso die Verpflichtung des Schuldners/Anteilsinhabers zur Herausgabe eines jeden infolge des Plans diesem zufließenden Gewinns an die Gläubiger (vgl. dazu Morgen/Kowalewski/Praß, StaRUG, § 27 Rn. 59).
Die Kompensation ist nicht zwingend vor Bestätigung des Plans (§ 67) zu leisten (arg.e. § 62). Ausreichend ist, wenn sich der Schuldner/Anteilsinhaber durch den Plan bzw. in einer diesem beizufügenden Erklärung zur Leistung einer entsprechenden Kompensation verpflichtet (a.A. Morgen/Kowalewski/Praß, StaRUG, § 27 Rn. 58, wonach die Ausgleichsleistung spätestens mit Planbestätigung zu leisten ist). Eine Kontrolle der Erfüllung einer solchen Verpflichtung wird auch bei Personenidentität von Unternehmensrechtsträger und Zahlungsverpflichtetem regelmäßig jedenfalls mittelbar dadurch stattfinden, dass die Leistung in den Planwert eingerechnet worden ist und zur Erfüllung des Plans erbracht werden muss.
Sofern der Schuldner oder eine der beteiligten Personen keine ausgleichende Kompensation in das Haftungsvermögen leistet, ist dies unschädlich, wenn dessen Mitwirkung für die Fortführung des Betriebs unerlässlich ist (§ 28 Abs. 2 Nr. 1) oder dadurch nur geringfügig in die Rechte der anderen Gläubiger eingegriffen wird (§ 28 Abs. 2 Nr. 2), vgl. im Einzelnen die Kommentierung zu § 28 (Rn. 15 ff.).
§ 27 Abs. 2 Nr. 3 lässt die Zustimmungsfiktion scheitern, wenn ein planbetroffener Gläubiger, der in einem Insolvenzverfahren im Verhältnis zur ablehnenden Gruppe gleichrangig zu behandeln wäre (maßgeblich sind wiederum die Rangverhältnisse der §§ 38, 39, vgl. Ausführungen unter Rn. 8 und Rn. 9), bessergestellt wird als der dissertierende Gläubiger. Einfach gesagt, sind nach § 27 Abs. 2 Nr. 3 Gläubiger desselben Ranges gleich zu behandeln.
Die Regelung ist an § 245 Abs. 2 Nr. 3 InsO angelehnt und setzt die Vorgabe des Art. 11 Abs. 1c RL 2019/1023 vom 20.06.2019 um. Abweichend von § 245 Abs. 2 Nr. 3 InsO werden nach § 27 Abs. 2 Nr. 3 StaRUG jedoch nur planbetroffene Gläubiger von dem Gleichbehandlungsgebot erfasst. Eine Ungleichbehandlung gegenüber den Inhabern nicht einbezogener Forderungen begründet sich aus dem teilkollektiven Charakter des Restrukturierungsplans (BT-Drs. 19/24181, S. 129). Missbräuchen wird durch die Sachgerechtigkeitskontrolle im Rahmen der Auswahl der Planbetroffenen nach § 8 entgegengewirkt (BT-Drs. 19/24181, S. 129).
Durchbrochen wird die Regelung in § 27 Abs. 1 Nr. 3 durch § 28 Abs. 1, der eine Ungleichbehandlung von gleichrangigen Gläubigern zulässt, wenn diese nach der Art der zu bewältigenden wirtschaftlichen Schwierigkeiten und nach den Umständen sachgerecht ist (vgl. dazu die Kommentierung unter § 28 Abs. 1 Rn. 7 ff.).
Im Rahmen des § 245 Abs. 2 Nr. 2 InsO wird in der Literatur diskutiert, ob eine Ungleichbehandlung gleichrangiger Gläubiger entgegen dem Wortlaut ausnahmsweise zulässig sein soll, insbesondere wenn das Ziel einer bestmöglichen Lösung durch Kleingläubiger, die regelmäßig kein gesteigertes Interesse am schuldnerischen Unternehmen haben werden und damit besonders viel Störpotential bieten, blockiert wird und die Gestaltungsmöglichkeiten an dieser Stelle durch das Gleichbehandlungsgebot eingeschränkt werden (K. Schmidt/Spliedt, § 245 Rn. 29; HmbKomm-InsR/Thies/Lieder, § 245 Rn. 16; Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 245 Rn. 32, 33 f.). Die Entscheidung dieses Streits kann hier dahinstehen, weil Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgrundsatz nach dem StaRUG ausdrücklich zulässig sind, wenn diese im Einzelfall geboten erscheinen (vgl. im Einzelnen die Ausführungen unter § 28 Abs. 1 Rn. 7 ff.).
§ 27 Abs. 2 findet Anwendung, wenn eine Gruppe von an dem Schuldner beteiligten Personen gegen das Planangebot stimmt und regelt für diesen Fall, wann die an dem Schuldner beteiligten Personen angemessen am Planwert beteiligt sind. Die in Nr. 1 und Nr. 2 normierten Voraussetzungen müssen kumulativ gegeben sein. Die Norm orientiert sich an § 245 Abs. 3 InsO.
Ebenso wie nach § 27 Abs. 1 Nr. 1 ist auch nach § 27 Abs. 2 Nr. 1 Voraussetzung für die Annahme einer angemessenen Beteiligung der an dem Schuldner beteiligten Personen, dass andere planbetroffene Gläubiger keine Überbefriedigung erhalten. Die Planquote der planbetroffenen Gläubiger darf also nicht 100 % der ihnen vom Schuldner nach § 17 Abs. 2 zugewiesenen Forderungen übersteigen.
§ 27 Abs. 2 Nr. 2 setzt zudem voraus, dass vorbehaltlich des § 28 Abs. 2 Nr. 1 keine andere an dem Schuldner beteiligte Person nach dem Plan einen wirtschaftlichen Wert behält, wenn diese der widersprechenden Gruppe von an dem Schuldner beteiligten Personen ohne den Plan gleichgestellt wäre.
Im Regierungsentwurf wird lediglich auf die Anlehnung an § 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO verwiesen (BT-Drs. 19/24181, S. 129). Es wird jedoch nicht darauf eingegangen, warum der Wortlaut des § 27 Abs. 2 Nr. 2 StaRUG von dem des § 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO abweicht. Stellt § 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO darauf ab, dass gesellschaftsrechtlich gleichgestellte Anteilsinhaber im Rahmen der Gewinn- und Überschussverteilung nicht unterschiedlich behandelt werden dürfen („keine Besserstellung“, vgl. im Einzelnen Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 245 Rn. 37), so stellt § 27 Abs. 2 Nr. 2 auf das „Behaltendürfen von wirtschaftlichen Werten“ ab. Vor diesem Hintergrund ist die Regelung kaum verständlich.
Anwendung finden kann die Regelung nach hiesigem Verständnis wohl lediglich für den Fall, dass der Restrukturierungsplan – wie in § 2 Abs. 3 und § 7 Abs. 4 S. 1 vorgesehen – gegen den Willen der Anteilsinhaber oder einer Gruppe von Anteilsinhabern eine Übertragung von Anteilsrechten vorsieht. Diese ist nach § 27 Abs. 2 Nr. 2 grundsätzlich nur dann angemessen, wenn kein anderer Anteilsinhaber seine Beteiligung (= wirtschaftlicher Wert) behält. Dem eindeutigen Wortlaut nach kommt es lediglich auf das „Behaltendürfen“ an. Die Gleichbehandlung der Anteilsinhaber ist – anders als bei § 245 Abs. 3 Nr. 2 InsO – nicht gefordert. Dies wird insbesondere deutlich, wenn durch den Plan die Anteilsrechte der Anteilsinhaber gleichermaßen anteilig gestaltet werden. Sieht der Plan beispielsweise vor, dass 50 % der Anteile aller Anteilsinhaber übertragen werden, behalten alle Anteilsinhaber noch einen wirtschaftlichen Wert, nämlich wiederum 50 % ihrer Anteile. Die Zustimmungsfiktion greift in diesem Fall nicht, weil gleichgestellte Anteilsinhaber einen wirtschaftlichen Wert behalten. Ob diese Folge in der beschriebenen Konstellation tatsächlich gewollt war, ist zweifelhaft. Eine andere Auslegung erscheint aufgrund des klaren Wortlauts jedoch nicht möglich (a.A. Skauradszun/Fridgen/Spahlinger, § 27 Rn. 27, der entgegen dem Wortlaut auf eine „Besserstellung“ anderer Anteilsinhaber abstellen will; so auch – ohne sich mit dem Wortlaut auseinanderzusetzen – Braun-StaRUG/Herzig, § 27 Rn. 15).
In dem Erhalt der Anteile wird unter Berücksichtigung von Substanz- und Ertragswert (vgl. Rn. 13 f.) in der Regel das „Behalten eines wirtschaftlichen Werts“ zu sehen sein. Ist dies jedoch ausnahmsweise nicht der Fall, weil die Anteile wertlos sind, greift § 27 Abs. 2 Nr. 2 nicht. Ebenso verhält es sich, wenn der Anteilsinhaber eine Kompensationsleistung nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 in das Haftungsvermögen vornimmt. In diesem Fall muss der Erhalt der Anteile wegen einer wertausgleichenden Gegenleistung des Anteilsinhabers als unschädlich betrachtet werden (so auch Morgen/Kowalewski/Praß, § 27 Rn. 74).
Eine Ausnahme vom Grundsatz des § 27 Abs. 2 Nr. 2 ist für den Fall gestattet, dass die Mitwirkung der bessergestellten Gesellschafter für die Fortführung des Betriebes und die Verwirklichung des Planwerts unerlässlich ist, vgl. § 28 Abs. 2 Nr. 1. Im Einzelnen wird auf die Kommentierung zu § 28 Abs. 2 Nr. 1 (Rn. 16 ff.) verwiesen. Eine weitere Ausnahme für den Fall des Vorliegens der Voraussetzungen des § 28 Abs. 2 Nr. 2 anzunehmen (so diskutiert von Morgen/Kowalewski/Praß, § 27 Rn. 75), ist nach hiesiger Auffassung im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut des § 27 Abs. 2 Nr. 2 nicht möglich.
Gegenüber planbetroffenen Gläubigern, die gegen den Plan gestimmt haben oder nicht an der Abstimmung teilgenommen haben, entfaltet der Restrukturierungsplan erst nach der gerichtlichen Bestätigung nach §§ 60 ff. seine Wirkung (vgl. § 67 Abs. 1). Das Restrukturierungsgericht hat vor der Planbestätigung von Amts wegen zu prüfen, ob die Vorschriften über die Annahme des Plans und damit auch die Voraussetzungen des § 27 bei Annahme einer Zustimmungsfiktion gemäß § 26 beachtet wurden, vgl. § 63 Abs. 1 Nr. 2 und § 26 Rn. 25. Die gerichtliche Planbestätigung ist mit der sofortigen Beschwerde (§ 66) angreifbar.