§ 29 regelt die Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens. Dieser setzt nach Abs. 1 eine drohende Zahlungsunfähigkeit voraus; bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung ist hingegen der Zugang zu den Restrukturierungsinstrumenten gesperrt, um den Vorrang des Insolvenzverfahrens sicherzustellen. Darüber hinaus enthält § 29 keine weiteren Voraussetzungen. Insbesondere ist keine Zustimmung der Gesellschafter des Schuldners erforderlich (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 51). Etwas anderes gilt nur dann, wenn in die Gesellschafteranteile und somit in den Kernbereich der Gesellschafterrechte eingegriffen wird und sich die Geschäftsleitung ohne Einholung der Zustimmung schadensersatzpflichtig macht. Handelt es sich jedoch um ein Verfahren, das gegebenenfalls ohne die Zustimmung der Gesellschafter zu einer teilweisen oder vollständigen Vernichtung der Anteile, muss die Zustimmung der Gesellschafter eingeholt werden (Hoffmann/Braun in: Flöther, StaRUG, § 29, Rn. 14). Zudem wird das Ziel der Instrumente bestimmt: die nachhaltige Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit.
§ 29 listet in Abs. 2 die einzelnen Instrumente auf und stellt in Abs. 3 klar, dass diese unabhängig voneinander zur Anwendung kommen können (BT-Drucks. 19/24181, S. 131). Dies verdeutlicht die Konzeption des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens als modularen Baukasten.
Nach Abs. 1 können zur nachhaltigen Beseitigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit die in Abs. 2 aufgezählten Verfahrenshilfen des Stabilisierung- und Restrukturierungsrahmens in Anspruch genommen werden.
Durch den Wortlaut („können“) des § 29 Abs. 1 kommt zum Ausdruck, dass die Instrumente nur freiwillig auf Antrag des Schuldners zur Anwendung kommen können und dass jedenfalls kein Fremdantragsrecht Dritter besteht (Bork, NZI-Beilage 2021, 38; Braun-StaRUG/Haffa/Schuster, § 29 Rn. 37). Dies wird durch den Wortlaut des Abs. 3 („kann“) ebenfalls zum Ausdruck gebracht (siehe Rn. 28). Der Schuldner entscheidet allein darüber, ob und welche Restrukturierungsinstrumente er beantragt.
Er hat hierbei gemäß § 32 die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers anzuwenden und die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger zu wahren (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 2).
Das Antragserfordernis ergibt sich für die gerichtliche Planbestätigung aus § 45. Die Norm ordnet implizit an, dass der Schuldner mit dem Antrag auch die ihm drohende Zahlungsunfähigkeit darlegen muss. Nach § 45 Abs. 2 ist dem Antrag der vollständige Restrukturierungsplan nebst Anlagen beizufügen. Dazu gehört nach § 14 Abs. 1 auch eine begründete Erklärung, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners durch den Plan beseitigt wird (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 25).
Eine Ausnahme hierzu bildet das gerichtliche Planabstimmungsverfahren bei Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten von Amts wegen nach § 73 Abs. 1 in den Fällen des § 76 Abs. 2 Nr. 1 (siehe hierzu § 76 Rn. 10); in diesem Fall steht dem Restrukturierungsbeauftragten die Entscheidung darüber zu, wie der Restrukturierungsplan zur Abstimmung gebracht wird.
Die Freiwilligkeit des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens umfasst dabei mehr als die Auswahl der Restrukturierungsinstrumente. So entscheidet allein der Schuldner darüber, ob er den Gläubigern ein Planangebot macht und der Restrukturierungsplan zur Abstimmung gestellt wird (§ 17), oder ob öffentliche Bekanntmachungen zu erfolgen haben (§ 84 Abs. 1 Satz 1 tritt mit Wirkung vom 17. Juli 2022 in Kraft).
Die Gerichtskosten für das Verfahren über den Antrag auf Inanspruchnahme von Instrumenten des Stabilisierungs-und Restrukturierungsrahmens belaufen sich nach Nr. 2511, 2512 Kostenverzeichnis GKG auf EUR 1.000,00 – EUR 1.500,00.
Die Inanspruchnahme der Instrumente erfolgt durch die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens bei dem zuständigen Restrukturierungsgericht (§ 31 Abs. 1). Diese Anzeige steht – wie die Rücknahme der Anzeige nach § 31 Abs. 4 Nr. 1, im Ermessen des Schuldners (hierzu § 31 Rn. 4). Die Restrukturierungssache wird mit Anzeige rechtshängig. Nicht erforderlich ist hierfür eine Prüfung oder Entscheidung durch das Restrukturierungsgericht (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 22).
Die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens setzt nicht ausdrücklich voraus, dass zugleich die drohende Zahlungsunfähigkeit angezeigt oder dargelegt wird. Aus den beizufügenden Unterlagen und Informationen sollte aber mittelbar hervorgehen, dass dem Schuldner die Zahlungsunfähigkeit droht. Im Zusammenhang mit der Anzeige ist keine Prüfung des Vorliegens von Eröffnungsvoraussetzungen durch das Restrukturierungsgericht vorgesehen (Begr. RegE BT-Drucks. 19/24181, S. 89, 93, 130 f.; Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 23). Ohne Nachweis der drohenden Zahlungsunfähigkeit dürften jedoch die Darlegungspflichten in § 31 Abs. 2 Nr. 1 nicht erfüllt sein (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 23; Balthasar, NZI Beilage Heft 5/2021, S. 18).
Art. 4 Abs. 8 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2019/1023 sieht zwar auch die Möglichkeit vor, dass der Restrukturierungsrahmen vorbehaltlich der Zustimmung des Schuldners auf Antrag der Gläubiger oder der Arbeitnehmervertreter zur Verfügung steht. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch hiervon bewusst keinen Gebrauch gemacht. Dieser Entscheidung lag die Überlegung zugrunde, dass eine Sanierung keinen Erfolg haben kann, wenn sie nicht auf Betreiben des Schuldners eingeleitet wird (BT-Drucks. 19/24181, S. 133).
Die Gerichtskosten für die Entgegennahme der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens betragen nach Nr. 2510 Kostenverzeichnis GKG EUR 150,00.
Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/1023 soll der präventive Restrukturierungsrahmen bei einer „wahrscheinlichen Insolvenz“ zur Verfügung stehen. Im Vorfeld der deutschen Umsetzung wurde kontrovers diskutiert, an welches Kriterium der Restrukturierungsrahmen anknüpfen sollte, ohne die Insolvenzgründe zu tangieren (hierzu Flöther/Wilke, NZI-Beilage 2019, 80). In § 29 Abs. 1 hat sich der Gesetzgeber nun für eine Doppelfunktion der drohenden Zahlungsunfähigkeit entschieden, die sowohl für den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen als auch für das Insolvenzverfahren als Eintrittskriterium dient. Die dadurch resultierenden möglichen Überschneidungen wurden in Kauf genommen (Braun-StaRUG/Haffa/Schuster, § 29 Rn. 15). Aufgrund des Vorrangs des Insolvenzverfahrens führt jedoch die Stellung eines Insolvenzantrags oder gar die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Aufhebung der Restrukturierungssache, § 33 Abs. 1 Nr. 1 (hierzu § 33 Rn. 13 ff.).
Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 InsO droht der Schuldner zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Dabei ist nach dem seit dem 1. Januar 2021 geltenden § 18 Satz 2 InsO in aller Regel ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen.
Diese neue Regelung beseitigt die bisherigen Unsicherheiten hinsichtlich des Prognosezeitraums der drohenden Zahlungsunfähigkeit und soll, parallel zur Begrenzung des Prognosezeitraums der Überschuldung auf zwölf Monate, zur Reduzierung des tatbestandlichen Überschneidungsbereichs zwischen den beiden Insolvenzgründen beitragen (BT-Drucks. 19/24181, S. 196).
Im Hinblick auf die Stabilisierungsanordnung findet sich die drohende Zahlungsunfähigkeit nur in Form einer Negativvoraussetzung. Nur wenn Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner noch nicht drohend zahlungsunfähig ist, führt dies zur Versagung der Stabilisierungsanordnung (§ 51 Abs. 1 Halbs. 2 Nr. 3). Erst im Zusammenhang mit der Planbestätigung gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 1 bedarf es der vollen richterlichen Überzeugung vom Vorliegen einer drohenden Zahlungsunfähigkeit. Diese ist im Rahmen der Amtsermittlung nach § 39 Abs. 1 Satz 1 zu bilden. Maßgeblich für die Planbestätigung ist das Vorliegen der drohenden Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 31; AG Köln, Beschl. v. 3.3.2021 – 83 RES 1/21, ZRI 2021, 377).
Liegt noch keine drohende Zahlungsunfähigkeit vor, so kann der Schuldner die Verfahrenshilfen des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens nicht in Anspruch nehmen, sondern nur den Weg einer außergerichtlichen Sanierung mit seinen Gläubigern begehen. Insbesondere ist die Bestätigung des Restrukturierungsplans von Amts wegen zu versagen, wenn der Schuldner nicht drohend zahlungsunfähig ist, § 63 Abs. 1 Nr. 1. Ist hingegen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bei der Anzeige bereits eingetreten, ist der Zugang zum Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen verwehrt: Der Schuldner ist verpflichtet, gemäß § 15a InsO einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, was gegebenenfalls im Rahmen einer vorläufigen Eigenverwaltung erfolgen kann. Dass die Verfahrenshilfen nicht bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung in Anspruch genommen werden können, zeigt der Zweck des StaRUG, nämlich die Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit. Dies begründet sich darin, dass bei drohender Zahlungsunfähigkeit nur die Interessen einzelner Gläubiger berührt sind; bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Interessen aller, weshalb es hier eines Gesamtverfahrens zur Beseitigung dieser Insolvenzgründe bedarf (BT-Drucks. 19/24181, S. 90).
§ 29 Abs. 1 gibt ferner als ausdrückliches Ziel der Restrukturierungsinstrumente die nachhaltige Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit vor. Dabei wird weder der Begriff der „nachhaltigen Beseitigung“ legaldefiniert noch die Rechtsfolge eines etwaigen Verstoßes gegen diese Zielsetzung vorgesehen (Bork, NZI-Beilage 2021, S. 38).
Das Ziel der nachhaltigen Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist daher vielmehr als Auslegungshilfe zu verstehen, etwa bei der Schlüssigkeit der Restrukturierungsplanung (§ 63 Abs. 2), bei der Aussichtslosigkeit des Restrukturierungsvorhabens (§ 51 Abs. 1 Nr. 2) oder auch bei der Prüfung der Bestandsfähigkeitserklärung nach § 14 Abs. 1 (Thole, ZIP 2020, S. 1985; Bork, NZI-Beilage 2021, S. 38).
§ 14 Abs. 1 fordert, dass dem Restrukturierungsplan eine begründete Erklärung beigefügt wird, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners durch den Plan beseitigt wird (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 31).
Hinsichtlich der Nachhaltigkeit wird im Anschluss an § 33 Abs. 2 Satz 3 StaRUG ein Dreijahreszeitraum überzeugend vorgeschlagen (Thole, ZIP 2020, S. 1985;Bork, NZI-Beilage 2021, S. 38; siehe aber Braun-StaRUG/Haffa/Schuster, § 29 Rn. 25, die von einem Zeitraum von 24 Monaten ausgehen). Nach § 33 Abs. 2 Satz 3 StaRUG wird vermutet, dass eine nachhaltige Sanierung nicht erfolgt ist, wenn seit dem Ende der Stabilisierungsanordnung oder der Entscheidung über die Planbestätigung in einer früheren Restrukturierungssache weniger als drei Jahre vergangen sind (hierzu § 33 Rn. 40).
§ 29 Abs. 2 zählt abschließend die einzelnen Instrumente auf, die im Rahmen des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens beansprucht werden können. Anzumerken ist dabei, dass die ursprünglich im Regierungsentwurf enthaltene gerichtliche Beendigung von gegenseitigen, noch nicht beiderseitig vollständig erfüllten Verträgen (Vertragsbeendigung) in der verabschiedeten Fassung des StaRUG nicht enthalten ist. Grund hierfür sind die kontroversen Stellungnahmen zu diesem Sanierungstool im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens (vgl. Braun-StaRUG/Haffa/Schuster, § 29 Rn. 29). Nicht zu den in § 29 Abs. 2 genannten Instrumenten gehört die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten nach §§ 73 ff. Diese Bestellung ist ein Korrektiv zu der in § 29 normierten Schuldnerautonomie (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 4).
Erstes Instrument des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens ist nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 die Durchführung eines gerichtlichen Abstimmungsverfahrens über den Restrukturierungplan (gerichtliche Planabstimmung). Die gerichtliche Planabstimmung ist nicht verpflichtend. Dem Schuldner steht es frei, die Abstimmung über den Restrukturierungsplan entweder außergerichtlich nach Maßgabe der §§ 17 ff. im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen zur Abstimmung stellen (§ 20 Abs. 1 Satz 1) oder in einem gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermin gemäß §§ 45 f. durchzuführen. Liegen die Voraussetzungen des § 73 vor, also wenn ein Restrukturierungsbeauftragter von Amts wegen zu bestellen ist, entscheidet der Restrukturierungsbeauftragte über die Art des Planabstimmungsverfahren.
Letztlich ist es eine Einzelfallentscheidung, ob die durch die gerichtliche Planabstimmung bedingte Flexibilitätseinbuße durch diese Vorteile ausgeglichen wird.
§ 29 Abs. 2 Nr. 2 sieht als weiteres Instrument die gerichtliche Vorprüfung vor. Diese wird in § 47 näher geregelt: Hiernach führt das Gericht auf Antrag des Schuldners eine Vorprüfung des Restrukturierungsplans und des beabsichtigten Planabstimmungsverfahrens durch. Hierdurch soll der Schuldner gerichtliche Hinweise über Fragen erhalten, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans relevant sind (siehe § 48). Planbetroffene können keine Vorprüfung beantragen (Kramer in: Beck-OK StaRUG, § 29 Rn. 61; Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 24).
Bei der gerichtlichen Planabstimmung nach Maßgabe der §§ 45 f. gibt es keine Vorprüfung. Denn in diesem Fall ist die Vorprüfung des Restrukturierungsplans bereits in § 46 vorgesehen. Eine Vorprüfung des Abstimmungsverfahrens ist daher nicht erforderlich.
Einer Darlegung der drohenden Zahlungsunfähigkeit bedarf es nicht. Jedoch kann die Frage der drohenden Zahlungsunfähigkeit Gegenstand der Vorprüfung sein, weil sie für die Bestätigung des Restrukturierungsplans erheblich ist. Das ergibt sich für den Vorprüfungstermin aus § 46 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und für die Vorprüfung eines Restrukturierungsplans ohne gerichtliche Abstimmung aus § 47 Satz 2 (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 26).
Gegenstand der Vorprüfung sind zudem die Auswahl und Einteilung der Planbetroffenen in Gruppen, und die Stimmrechte. Der nachfolgende Hinweis des Gerichts über das Ergebnis der Prüfung entfaltet keine Bindungswirkung und kann nicht Gegenstand von Rechtsmitteln sein (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 44).
Drittes Restrukturierungsinstrument ist nach § 29 Abs. 2 Nr. 3 die Stabilisierungsanordnung, das heißt die gerichtliche Anordnung von Vollstreckungs- und Verwertungssperren zum Zwecke der Abwendung von Maßnahmen der individuellen Rechtsdurchsetzung, welche die anvisierte Restrukturierungslösung zu erschweren oder zu vereiteln geeignet sind. Die Stabilisierungsanordnung stellt somit ein in die Interessen der Gläubiger besonders einschneidendes Instrument dar.
Die Stabilisierungsanordnung ist eine Eilmaßnahme, für deren Erlass keine Anhörung der betroffenen Gläubiger erforderlich ist (Begr. RegE SanInsFoG z. StaRUG, BT-Drucks. 19/24181, S. 154).
Während der Dauer der Stabilisierungsanordnung wird das Verfahren über den Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung des Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners ausgesetzt (§ 58) (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 47).
Durch diese Stabilisierung, die für einen Zeitraum von höchstens vier Monaten angeordnet werden kann, lässt sich verhindern, dass Gläubiger ihre Forderungen ohne Rücksicht auf eine im Interesse aller Beteiligten liegenden Restrukturierungslösung einseitig durchsetzen (BT-Drucks. 19/24181, S. 154).
Als letztes Restrukturierungsinstrument sieht § 29 Abs. 2 Nr. 4 die gerichtliche Bestätigung eines von den Planbetroffenen mit den erforderlichen Mehrheiten angenommenen Restrukturierungsplans vor.
Die Planbestätigung ist in den §§ 60 bis 72 geregelt. Sie erfolgt durch Beschluss auf Antrag des Schuldners. Das Gericht führt vor der Bestätigung eine umfassende inhaltliche Kontrolle des Restrukturierungsplans nach Maßgabe des § 63 durch, wobei der Schutz von Minderheiten durch eigene Antragsrechte gemäß § 64 gewährleistet werden soll.
Der gesonderte Termin zur Vorprüfung des Restrukturierungsplans muss vor dem Erörterungs- und Abstimmungstermin stattfinden und die Planbetroffenen sind mit einer Frist von mindestens sieben Tagen zu diesem Termin zu laden. Soll der Restrukturierungsplan nicht im gerichtlichen Verfahren zur Abstimmung gebracht werden, findet die gerichtliche Vorprüfung ohne einen Vorprüfungstermin statt (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 45-46). Fristen sind dann nicht zu beachten.
Dieses Bestätigungsverfahren erklärt sich durch die einschneidenden Wirkungen eines bestätigten Restrukturierungsplans nach §§ 67 ff. Allen voran zu erwähnen ist, dass nach Bestätigung die Planwirkungen auch für und gegen die Planbetroffenen wirken, die dem Plan nicht zugestimmt haben, § 67 Abs. 1.
Gemäß § 29 Abs. 3 kann der Schuldner die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens unabhängig voneinander in Anspruch nehmen, sofern das Gesetz nichts anderes vorschreibt. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund der Freiwilligkeit der Restrukturierungsinstrumente zu sehen und soll die „Verfahrensherrschaft“ des Schuldners zum Ausdruck bringen (siehe Rn. 6).
Es handelt sich nicht um ein integriertes Verfahren, etwa nach dem Vorbild der früheren Vergleichsordnung, sondern um einen modularen Verfahrensrahmen, dessen Elemente (sog. Verfahrenshilfen) ein sanierungswilliger Schuldner einzeln in Anspruch nehmen kann, sofern eine solche Inanspruchnahme nach Einschätzung des Schuldners und der sein Vorhaben unterstützenden Gläubiger als zweckmäßig angesehen wird.
Fraglich ist, ob das StaRUG das Zusammenspiel einzelner Restrukturierungsinstrumente überhaupt vorschreibt. Soweit ersichtlich ist dies nicht der Fall: Kein einziges Instrument setzt die Inanspruchnahme eines anderen Instrumentes voraus. Andersherum sind keine Inkompatibilitäten erkennbar. Lediglich die Vorprüfung nach § 47 ist dem Fall vorbehalten, dass keine gerichtliche Planabstimmung nach § 45 stattgefunden hat. Bei gerichtlicher Planabstimmung ist die Vorprüfung nämlich bereits in § 46 geregelt.
§ 29 regelt die Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens. Dieser setzt nach Abs. 1 eine drohende Zahlungsunfähigkeit voraus; bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit und/oder Überschuldung ist hingegen der Zugang zu den Restrukturierungsinstrumenten gesperrt, um den Vorrang des Insolvenzverfahrens sicherzustellen. Darüber hinaus enthält § 29 keine weiteren Voraussetzungen. Insbesondere ist keine Zustimmung der Gesellschafter des Schuldners erforderlich (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 51). Etwas anderes gilt nur dann, wenn in die Gesellschafteranteile und somit in den Kernbereich der Gesellschafterrechte eingegriffen wird und sich die Geschäftsleitung ohne Einholung der Zustimmung schadensersatzpflichtig macht. Handelt es sich jedoch um ein Verfahren, das gegebenenfalls ohne die Zustimmung der Gesellschafter zu einer teilweisen oder vollständigen Vernichtung der Anteile, muss die Zustimmung der Gesellschafter eingeholt werden (Hoffmann/Braun in: Flöther, StaRUG, § 29, Rn. 14). Zudem wird das Ziel der Instrumente bestimmt: die nachhaltige Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit.
§ 29 listet in Abs. 2 die einzelnen Instrumente auf und stellt in Abs. 3 klar, dass diese unabhängig voneinander zur Anwendung kommen können (BT-Drucks. 19/24181, S. 131). Dies verdeutlicht die Konzeption des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens als modularen Baukasten.
Nach Abs. 1 können zur nachhaltigen Beseitigung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit die in Abs. 2 aufgezählten Verfahrenshilfen des Stabilisierung- und Restrukturierungsrahmens in Anspruch genommen werden.
Durch den Wortlaut („können“) des § 29 Abs. 1 kommt zum Ausdruck, dass die Instrumente nur freiwillig auf Antrag des Schuldners zur Anwendung kommen können und dass jedenfalls kein Fremdantragsrecht Dritter besteht (Bork, NZI-Beilage 2021, 38; Braun-StaRUG/Haffa/Schuster, § 29 Rn. 37). Dies wird durch den Wortlaut des Abs. 3 („kann“) ebenfalls zum Ausdruck gebracht (siehe Rn. 28). Der Schuldner entscheidet allein darüber, ob und welche Restrukturierungsinstrumente er beantragt.
Er hat hierbei gemäß § 32 die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Sanierungsgeschäftsführers anzuwenden und die Interessen der Gesamtheit der Gläubiger zu wahren (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 2).
Das Antragserfordernis ergibt sich für die gerichtliche Planbestätigung aus § 45. Die Norm ordnet implizit an, dass der Schuldner mit dem Antrag auch die ihm drohende Zahlungsunfähigkeit darlegen muss. Nach § 45 Abs. 2 ist dem Antrag der vollständige Restrukturierungsplan nebst Anlagen beizufügen. Dazu gehört nach § 14 Abs. 1 auch eine begründete Erklärung, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners durch den Plan beseitigt wird (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 25).
Eine Ausnahme hierzu bildet das gerichtliche Planabstimmungsverfahren bei Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten von Amts wegen nach § 73 Abs. 1 in den Fällen des § 76 Abs. 2 Nr. 1 (siehe hierzu § 76 Rn. 10); in diesem Fall steht dem Restrukturierungsbeauftragten die Entscheidung darüber zu, wie der Restrukturierungsplan zur Abstimmung gebracht wird.
Die Freiwilligkeit des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens umfasst dabei mehr als die Auswahl der Restrukturierungsinstrumente. So entscheidet allein der Schuldner darüber, ob er den Gläubigern ein Planangebot macht und der Restrukturierungsplan zur Abstimmung gestellt wird (§ 17), oder ob öffentliche Bekanntmachungen zu erfolgen haben (§ 84 Abs. 1 Satz 1 tritt mit Wirkung vom 17. Juli 2022 in Kraft).
Die Gerichtskosten für das Verfahren über den Antrag auf Inanspruchnahme von Instrumenten des Stabilisierungs-und Restrukturierungsrahmens belaufen sich nach Nr. 2511, 2512 Kostenverzeichnis GKG auf EUR 1.000,00 – EUR 1.500,00.
Die Inanspruchnahme der Instrumente erfolgt durch die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens bei dem zuständigen Restrukturierungsgericht (§ 31 Abs. 1). Diese Anzeige steht – wie die Rücknahme der Anzeige nach § 31 Abs. 4 Nr. 1, im Ermessen des Schuldners (hierzu § 31 Rn. 4). Die Restrukturierungssache wird mit Anzeige rechtshängig. Nicht erforderlich ist hierfür eine Prüfung oder Entscheidung durch das Restrukturierungsgericht (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 22).
Die Anzeige des Restrukturierungsvorhabens setzt nicht ausdrücklich voraus, dass zugleich die drohende Zahlungsunfähigkeit angezeigt oder dargelegt wird. Aus den beizufügenden Unterlagen und Informationen sollte aber mittelbar hervorgehen, dass dem Schuldner die Zahlungsunfähigkeit droht. Im Zusammenhang mit der Anzeige ist keine Prüfung des Vorliegens von Eröffnungsvoraussetzungen durch das Restrukturierungsgericht vorgesehen (Begr. RegE BT-Drucks. 19/24181, S. 89, 93, 130 f.; Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 23). Ohne Nachweis der drohenden Zahlungsunfähigkeit dürften jedoch die Darlegungspflichten in § 31 Abs. 2 Nr. 1 nicht erfüllt sein (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 23; Balthasar, NZI Beilage Heft 5/2021, S. 18).
Art. 4 Abs. 8 Satz 1 der Richtlinie (EU) 2019/1023 sieht zwar auch die Möglichkeit vor, dass der Restrukturierungsrahmen vorbehaltlich der Zustimmung des Schuldners auf Antrag der Gläubiger oder der Arbeitnehmervertreter zur Verfügung steht. Der deutsche Gesetzgeber hat jedoch hiervon bewusst keinen Gebrauch gemacht. Dieser Entscheidung lag die Überlegung zugrunde, dass eine Sanierung keinen Erfolg haben kann, wenn sie nicht auf Betreiben des Schuldners eingeleitet wird (BT-Drucks. 19/24181, S. 133).
Die Gerichtskosten für die Entgegennahme der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens betragen nach Nr. 2510 Kostenverzeichnis GKG EUR 150,00.
Nach Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie (EU) 2019/1023 soll der präventive Restrukturierungsrahmen bei einer „wahrscheinlichen Insolvenz“ zur Verfügung stehen. Im Vorfeld der deutschen Umsetzung wurde kontrovers diskutiert, an welches Kriterium der Restrukturierungsrahmen anknüpfen sollte, ohne die Insolvenzgründe zu tangieren (hierzu Flöther/Wilke, NZI-Beilage 2019, 80). In § 29 Abs. 1 hat sich der Gesetzgeber nun für eine Doppelfunktion der drohenden Zahlungsunfähigkeit entschieden, die sowohl für den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen als auch für das Insolvenzverfahren als Eintrittskriterium dient. Die dadurch resultierenden möglichen Überschneidungen wurden in Kauf genommen (Braun-StaRUG/Haffa/Schuster, § 29 Rn. 15). Aufgrund des Vorrangs des Insolvenzverfahrens führt jedoch die Stellung eines Insolvenzantrags oder gar die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Aufhebung der Restrukturierungssache, § 33 Abs. 1 Nr. 1 (hierzu § 33 Rn. 13 ff.).
Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 InsO droht der Schuldner zahlungsunfähig zu werden, wenn er voraussichtlich nicht in der Lage sein wird, die bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen. Dabei ist nach dem seit dem 1. Januar 2021 geltenden § 18 Satz 2 InsO in aller Regel ein Prognosezeitraum von 24 Monaten zugrunde zu legen.
Diese neue Regelung beseitigt die bisherigen Unsicherheiten hinsichtlich des Prognosezeitraums der drohenden Zahlungsunfähigkeit und soll, parallel zur Begrenzung des Prognosezeitraums der Überschuldung auf zwölf Monate, zur Reduzierung des tatbestandlichen Überschneidungsbereichs zwischen den beiden Insolvenzgründen beitragen (BT-Drucks. 19/24181, S. 196).
Im Hinblick auf die Stabilisierungsanordnung findet sich die drohende Zahlungsunfähigkeit nur in Form einer Negativvoraussetzung. Nur wenn Umstände bekannt sind, aus denen sich ergibt, dass der Schuldner noch nicht drohend zahlungsunfähig ist, führt dies zur Versagung der Stabilisierungsanordnung (§ 51 Abs. 1 Halbs. 2 Nr. 3). Erst im Zusammenhang mit der Planbestätigung gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 1 bedarf es der vollen richterlichen Überzeugung vom Vorliegen einer drohenden Zahlungsunfähigkeit. Diese ist im Rahmen der Amtsermittlung nach § 39 Abs. 1 Satz 1 zu bilden. Maßgeblich für die Planbestätigung ist das Vorliegen der drohenden Zahlungsunfähigkeit zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 31; AG Köln, Beschl. v. 3.3.2021 – 83 RES 1/21, ZRI 2021, 377).
Liegt noch keine drohende Zahlungsunfähigkeit vor, so kann der Schuldner die Verfahrenshilfen des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens nicht in Anspruch nehmen, sondern nur den Weg einer außergerichtlichen Sanierung mit seinen Gläubigern begehen. Insbesondere ist die Bestätigung des Restrukturierungsplans von Amts wegen zu versagen, wenn der Schuldner nicht drohend zahlungsunfähig ist, § 63 Abs. 1 Nr. 1. Ist hingegen Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung bei der Anzeige bereits eingetreten, ist der Zugang zum Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen verwehrt: Der Schuldner ist verpflichtet, gemäß § 15a InsO einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen, was gegebenenfalls im Rahmen einer vorläufigen Eigenverwaltung erfolgen kann. Dass die Verfahrenshilfen nicht bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung in Anspruch genommen werden können, zeigt der Zweck des StaRUG, nämlich die Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit. Dies begründet sich darin, dass bei drohender Zahlungsunfähigkeit nur die Interessen einzelner Gläubiger berührt sind; bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung die Interessen aller, weshalb es hier eines Gesamtverfahrens zur Beseitigung dieser Insolvenzgründe bedarf (BT-Drucks. 19/24181, S. 90).
§ 29 Abs. 1 gibt ferner als ausdrückliches Ziel der Restrukturierungsinstrumente die nachhaltige Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit vor. Dabei wird weder der Begriff der „nachhaltigen Beseitigung“ legaldefiniert noch die Rechtsfolge eines etwaigen Verstoßes gegen diese Zielsetzung vorgesehen (Bork, NZI-Beilage 2021, S. 38).
Das Ziel der nachhaltigen Beseitigung der drohenden Zahlungsunfähigkeit ist daher vielmehr als Auslegungshilfe zu verstehen, etwa bei der Schlüssigkeit der Restrukturierungsplanung (§ 63 Abs. 2), bei der Aussichtslosigkeit des Restrukturierungsvorhabens (§ 51 Abs. 1 Nr. 2) oder auch bei der Prüfung der Bestandsfähigkeitserklärung nach § 14 Abs. 1 (Thole, ZIP 2020, S. 1985; Bork, NZI-Beilage 2021, S. 38).
§ 14 Abs. 1 fordert, dass dem Restrukturierungsplan eine begründete Erklärung beigefügt wird, dass die drohende Zahlungsunfähigkeit des Schuldners durch den Plan beseitigt wird (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 31).
Hinsichtlich der Nachhaltigkeit wird im Anschluss an § 33 Abs. 2 Satz 3 StaRUG ein Dreijahreszeitraum überzeugend vorgeschlagen (Thole, ZIP 2020, S. 1985; Bork, NZI-Beilage 2021, S. 38; siehe aber Braun-StaRUG/Haffa/Schuster, § 29 Rn. 25, die von einem Zeitraum von 24 Monaten ausgehen). Nach § 33 Abs. 2 Satz 3 StaRUG wird vermutet, dass eine nachhaltige Sanierung nicht erfolgt ist, wenn seit dem Ende der Stabilisierungsanordnung oder der Entscheidung über die Planbestätigung in einer früheren Restrukturierungssache weniger als drei Jahre vergangen sind (hierzu § 33 Rn. 40).
§ 29 Abs. 2 zählt abschließend die einzelnen Instrumente auf, die im Rahmen des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens beansprucht werden können. Anzumerken ist dabei, dass die ursprünglich im Regierungsentwurf enthaltene gerichtliche Beendigung von gegenseitigen, noch nicht beiderseitig vollständig erfüllten Verträgen (Vertragsbeendigung) in der verabschiedeten Fassung des StaRUG nicht enthalten ist. Grund hierfür sind die kontroversen Stellungnahmen zu diesem Sanierungstool im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens (vgl. Braun-StaRUG/Haffa/Schuster, § 29 Rn. 29). Nicht zu den in § 29 Abs. 2 genannten Instrumenten gehört die Bestellung eines Restrukturierungsbeauftragten nach §§ 73 ff. Diese Bestellung ist ein Korrektiv zu der in § 29 normierten Schuldnerautonomie (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 4).
Erstes Instrument des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens ist nach § 29 Abs. 2 Nr. 1 die Durchführung eines gerichtlichen Abstimmungsverfahrens über den Restrukturierungplan (gerichtliche Planabstimmung). Die gerichtliche Planabstimmung ist nicht verpflichtend. Dem Schuldner steht es frei, die Abstimmung über den Restrukturierungsplan entweder außergerichtlich nach Maßgabe der §§ 17 ff. im Rahmen einer Versammlung der Planbetroffenen zur Abstimmung stellen (§ 20 Abs. 1 Satz 1) oder in einem gerichtlichen Erörterungs- und Abstimmungstermin gemäß §§ 45 f. durchzuführen. Liegen die Voraussetzungen des § 73 vor, also wenn ein Restrukturierungsbeauftragter von Amts wegen zu bestellen ist, entscheidet der Restrukturierungsbeauftragte über die Art des Planabstimmungsverfahren.
Die gerichtliche Planabstimmung weist mehrere Vorteile auf:
Letztlich ist es eine Einzelfallentscheidung, ob die durch die gerichtliche Planabstimmung bedingte Flexibilitätseinbuße durch diese Vorteile ausgeglichen wird.
§ 29 Abs. 2 Nr. 2 sieht als weiteres Instrument die gerichtliche Vorprüfung vor. Diese wird in § 47 näher geregelt: Hiernach führt das Gericht auf Antrag des Schuldners eine Vorprüfung des Restrukturierungsplans und des beabsichtigten Planabstimmungsverfahrens durch. Hierdurch soll der Schuldner gerichtliche Hinweise über Fragen erhalten, die für die Bestätigung des Restrukturierungsplans relevant sind (siehe § 48). Planbetroffene können keine Vorprüfung beantragen (Kramer in: Beck-OK StaRUG, § 29 Rn. 61; Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 24).
Bei der gerichtlichen Planabstimmung nach Maßgabe der §§ 45 f. gibt es keine Vorprüfung. Denn in diesem Fall ist die Vorprüfung des Restrukturierungsplans bereits in § 46 vorgesehen. Eine Vorprüfung des Abstimmungsverfahrens ist daher nicht erforderlich.
Einer Darlegung der drohenden Zahlungsunfähigkeit bedarf es nicht. Jedoch kann die Frage der drohenden Zahlungsunfähigkeit Gegenstand der Vorprüfung sein, weil sie für die Bestätigung des Restrukturierungsplans erheblich ist. Das ergibt sich für den Vorprüfungstermin aus § 46 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und für die Vorprüfung eines Restrukturierungsplans ohne gerichtliche Abstimmung aus § 47 Satz 2 (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 26).
Gegenstand der Vorprüfung sind zudem die Auswahl und Einteilung der Planbetroffenen in Gruppen, und die Stimmrechte. Der nachfolgende Hinweis des Gerichts über das Ergebnis der Prüfung entfaltet keine Bindungswirkung und kann nicht Gegenstand von Rechtsmitteln sein (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 44).
Drittes Restrukturierungsinstrument ist nach § 29 Abs. 2 Nr. 3 die Stabilisierungsanordnung, das heißt die gerichtliche Anordnung von Vollstreckungs- und Verwertungssperren zum Zwecke der Abwendung von Maßnahmen der individuellen Rechtsdurchsetzung, welche die anvisierte Restrukturierungslösung zu erschweren oder zu vereiteln geeignet sind. Die Stabilisierungsanordnung stellt somit ein in die Interessen der Gläubiger besonders einschneidendes Instrument dar.
Die Stabilisierungsanordnung ist eine Eilmaßnahme, für deren Erlass keine Anhörung der betroffenen Gläubiger erforderlich ist (Begr. RegE SanInsFoG z. StaRUG, BT-Drucks. 19/24181, S. 154).
Während der Dauer der Stabilisierungsanordnung wird das Verfahren über den Antrag eines Gläubigers auf Eröffnung des Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners ausgesetzt (§ 58) (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 47).
Durch diese Stabilisierung, die für einen Zeitraum von höchstens vier Monaten angeordnet werden kann, lässt sich verhindern, dass Gläubiger ihre Forderungen ohne Rücksicht auf eine im Interesse aller Beteiligten liegenden Restrukturierungslösung einseitig durchsetzen (BT-Drucks. 19/24181, S. 154).
Sie wird in den §§ 49 – 59 näher geregelt. Aufgrund der besonderen Stelle dieses Restrukturierungsinstruments findet die Stabilisierung darüber hinaus besondere Berücksichtigung etwa in § 31 Abs. 2 Satz 2, § 32 Abs. 2 Satz 2, § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 lit. a) und Abs. 3. Auf die entsprechenden Kommentierungen wird jeweils verwiesen.
Als letztes Restrukturierungsinstrument sieht § 29 Abs. 2 Nr. 4 die gerichtliche Bestätigung eines von den Planbetroffenen mit den erforderlichen Mehrheiten angenommenen Restrukturierungsplans vor.
Die Planbestätigung ist in den §§ 60 bis 72 geregelt. Sie erfolgt durch Beschluss auf Antrag des Schuldners. Das Gericht führt vor der Bestätigung eine umfassende inhaltliche Kontrolle des Restrukturierungsplans nach Maßgabe des § 63 durch, wobei der Schutz von Minderheiten durch eigene Antragsrechte gemäß § 64 gewährleistet werden soll.
Der gesonderte Termin zur Vorprüfung des Restrukturierungsplans muss vor dem Erörterungs- und Abstimmungstermin stattfinden und die Planbetroffenen sind mit einer Frist von mindestens sieben Tagen zu diesem Termin zu laden. Soll der Restrukturierungsplan nicht im gerichtlichen Verfahren zur Abstimmung gebracht werden, findet die gerichtliche Vorprüfung ohne einen Vorprüfungstermin statt (Hirschberger/Siepmann in: Morgen, StaRUG, § 29, Rn 45-46). Fristen sind dann nicht zu beachten.
Dieses Bestätigungsverfahren erklärt sich durch die einschneidenden Wirkungen eines bestätigten Restrukturierungsplans nach §§ 67 ff. Allen voran zu erwähnen ist, dass nach Bestätigung die Planwirkungen auch für und gegen die Planbetroffenen wirken, die dem Plan nicht zugestimmt haben, § 67 Abs. 1.
Gemäß § 29 Abs. 3 kann der Schuldner die Instrumente des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens unabhängig voneinander in Anspruch nehmen, sofern das Gesetz nichts anderes vorschreibt. Diese Regelung ist vor dem Hintergrund der Freiwilligkeit der Restrukturierungsinstrumente zu sehen und soll die „Verfahrensherrschaft“ des Schuldners zum Ausdruck bringen (siehe Rn. 6).
Es handelt sich nicht um ein integriertes Verfahren, etwa nach dem Vorbild der früheren Vergleichsordnung, sondern um einen modularen Verfahrensrahmen, dessen Elemente (sog. Verfahrenshilfen) ein sanierungswilliger Schuldner einzeln in Anspruch nehmen kann, sofern eine solche Inanspruchnahme nach Einschätzung des Schuldners und der sein Vorhaben unterstützenden Gläubiger als zweckmäßig angesehen wird.
Fraglich ist, ob das StaRUG das Zusammenspiel einzelner Restrukturierungsinstrumente überhaupt vorschreibt. Soweit ersichtlich ist dies nicht der Fall: Kein einziges Instrument setzt die Inanspruchnahme eines anderen Instrumentes voraus. Andersherum sind keine Inkompatibilitäten erkennbar. Lediglich die Vorprüfung nach § 47 ist dem Fall vorbehalten, dass keine gerichtliche Planabstimmung nach § 45 stattgefunden hat. Bei gerichtlicher Planabstimmung ist die Vorprüfung nämlich bereits in § 46 geregelt.