Kommentierung zu § 70

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Die Vorschrift regelt den Umgang mit Forderungen, die zwar im Restrukturierungsplan einbezogen sind, deren Höhe zum Zeitpunkt der Planbestätigung jedoch noch nicht verbindlich feststeht. Denkbar sind Fälle in denen zwischen Schuldner und Gläubiger bis zur Planbestätigung kein Einvernehmen über die Höhe erzielt werden konnte oder die Forderungshöhe als Ausfallforderung noch von künftigen Verwertungsergebnissen abhängt. Ziel der Regelungen ist es, die Durchführung des Restrukturierungsplanes im Ganzen trotz dieser Ungewissheit über einzelne Forderungen ohne zeitlichen Verzug zu ermöglichen und auf der anderen Seite auch die Rechte der betroffenen Gläubiger zu wahren, deren Forderungen erst nach der Umsetzung des Restrukturierungsplanes verbindlich festgestellt werden können.

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Die für das Restrukturierungsverfahren geschaffene Regelung orientiert sich auch an dieser Stelle weitestgehend an der entsprechenden Vorschrift des Insolvenzplanverfahrens gemäß § 256 InsO. Allerdings hatte der Gesetzgeber für die Umsetzung des Restrukturierungsplanes auch die Unterschiede beider Verfahren zu berücksichtigen. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bezieht sich als Gesamtvollstreckungsverfahren auf das gesamte Vermögen des Schuldners, so dass auch zwangsläufig alle Gläubigerforderungen an dem Verfahren teilnehmen. Im Restrukturierungsverfahren wird dem Schuldner dagegen selbst überlassen, welche Forderungen von welchen Gläubigern in den Restrukturierungsplan nach den Vorgaben des § 8 als planbetroffene Forderungen mit einbezogen werden. Da die Gläubiger insoweit keinen Anspruch darauf haben, welche Forderungen in welcher Höhe in den Plan mit einbezogen werden, hat der Gesetzgeber über die in Abs. 1 enthaltene Regelung sichergestellt, dass die Wirkung des bestätigten Planes auf die im Plan einbezogene Forderung mit dem dort angesetzten Wert beschränkt ist. Die Gläubiger behalten die Möglichkeit, eine nicht einbezogene Forderung oder einen über den im Plan angesetzten Wert hinausgehenden Teil der Forderung ohne Einschränkung gegenüber dem Schuldner außerhalb des Planes auch nach Planbestätigung noch durchsetzen zu können (Begründung Regierungsentwurf, BR-Drs. 619/20, S. 192).

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Dem Restrukturierungsverfahren fehlt es an einem förmlichen Prozess zur Feststellung der an dem Verfahren teilnehmenden Forderungen, wie dies im Insolvenzverfahren durch Anmeldung und Prüfung der Forderungen zur Insolvenztabelle vorgesehen ist. Umso mehr besteht der Bedarf, es bei einem Streit über die Forderungshöhe nicht allein in das Belieben des Schuldners zu stellen, inwieweit bestrittene Forderungen bei der Umsetzung des Planes berücksichtigt werden, sondern es den Beteiligten zu ermöglichen, die Berücksichtigung auch dieser Forderungen durch den Einbezug einer gerichtlichen Entscheidung als hoheitlichen Akt sicherzustellen. Der Schuldner ist gemäß Abs. 2 gehalten, auch die bestrittenen Forderungen bei Umsetzung des Planes zumindest in der Höhe zu berücksichtigen, die das Gericht bei Bestimmung des Stimmrechtes angesetzt hat, um mit der Planerfüllung nicht im Sinne des § 69 Abs. 1 in erheblichen Rückstand zu geraten und die Umsetzung des Planes zu gefährden. Fehlt es an einer gerichtlichen Stimmrechtes können der Schuldner oder der betroffene Gläubiger beantragen, dass das Restrukturierungsgericht die Forderungshöhe bestimmt, mit welcher die Forderung bei Umsetzung des Restrukturierungsplans berücksichtig wird.

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Der Restrukturierungsplan kann nur verbindlich festlegen, welchen Gestaltungen eine Forderung unterworfen wird, nicht aber den Bestand oder die Höhe die Forderung. Die Fragen über den Bestand oder die Höhe der Forderung sind außerhalb des Restrukturierungsverfahrens im Wege des jeweils vorgegebenen Rechtszuges zu klären. Die Regelung in Abs. 1 stellt klar, dass sich die gestaltende Wirkung nur auf die im Plan einbezogene Höhe der Forderung bezieht. Wird bei einer streitigen Forderung später ein höherer Betrag festgestellt, kann der Gläubiger diesen überschießenden Teil weiterhin uneingeschränkt gegen den Schuldner geltend machen.

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Die Begrenzung der Bezugsgröße für die im Plan enthaltene prozentuale Forderungskürzung auf die vom Schuldner im Plan berücksichtigte Höhe hat auch den Zweck, mögliche Manipulationen des Schuldners im Abstimmungsverfahren zu verhindern (Begründung Regierungsentwurf, BR-Drs. 619/20, S. 193). Der Schuldner kann in den Grenzen des § 8 selbst entscheiden, welche Forderungen in den Plan mit einbezogen werden und hat zudem die Möglichkeit, Forderungen auch wider besseren Wissens nur teilweise mit einzubeziehen. Der Schuldner könnte somit im Plan beispielsweise eine zu niedrige Steuerforderung mit dem Ziel ansetzen, das Finanzamt in der Abstimmung überstimmen zu lassen. Führt ein späteres Feststellungverfahren der Finanzverwaltung zu einer höheren Forderung als die im Plan angesetzte Forderung, stellt Abs. 1 sicher, dass die im Plan enthaltene (prozentuale) Forderungskürzung nicht auf den erhöhten Teil angesetzt wird. Der erhöhte Teil bleibt dem Gläubiger ungekürzt erhalten. Das vorgenannte Beispiel in Zahlen ausgedrückt ergibt in Anwendung des Abs. 1 folgende Rechnung. Wenn der Schuldner im Plan eine Steuerforderung von EUR 50.000 ansetzt, die gemäß gestaltenden Teil des Planes einer Kürzung um 50% unterfällt und die Finanzbehörde nach einer späteren Betriebsprüfung die Forderung in Höhe von EUR 100.000 feststellt, betrifft die Kürzung um 50% nur den im Plan enthaltenen Teil in Höhe von EUR 50.000. Der nach der Betriebsprüfung zusätzlich festgestellte Forderungsteil in Höhe von EUR 50.000 bleibt ungekürzt bestehen und ist außerhalb des Restrukturierungsplanes durchsetzbar. Die Steuerforderung gegen den Schuldner nach Planbestätigung beträgt in dem Beispiel folglich insgesamt EUR 75.000.

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Die Begrenzung der Planwirkung bezieht sich allerdings nur auf den Höchstwert der im Plan einbezogenen Forderung. Stellt sich nach Planbestätigung heraus, dass die einbezogene Forderung tatsächlich nur in geringerer Höhe besteht, bezieht sich die Planwirkung gemäß Abs. 1 auch nur auf den später festgestellten geringeren Wert (Begründung Regierungsentwurf, BR-Drs. 619/20, S. 193). Zur Verdeutlichung der Regelungswirkung auch hier ein Beispiel in Zahlen. Wird im Plan eine Steuerforderung in Höhe von EUR 100.000 angesetzt, für die eine Kürzung um 50% im Plan bestimmt wird und stellt die Finanzbehörde im Rahmen der Änderung der Festsetzung später die tatsächliche Höhe der Forderung mit EUR 80.000 fest, bezieht sich die Kürzung um 50% auf die später festgestellten EUR 80.000. Die ursprünglich im Plan angesetzte Reduzierung der Forderung um EUR 50.000 kommt nicht zum Tragen, sondern dem Schuldner verbleibt in diesem Beispiel eine Steuerverbindlichkeit nach Umsetzung des Planes in Höhe von EUR 40.000.

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Die Regelung in Abs. 2 ermöglicht dem Schuldner die Durchführung des Restrukturierungsplanes, obwohl einzelne planbetroffene Forderung in Höhe und Bestand noch nicht feststehen. Der Schuldner gerät mit der Erfüllung des Planes nicht in Rückstand und riskiert nicht das Wiederaufleben der gesamten Forderung gemäß § 69 Abs. 1, wenn er die streitige Forderung zumindest in Höhe des für diese Forderung festgesetzten Stimmrechtes berücksichtigt und seine Zahlung an den Gläubiger bei Umsetzung des Planes daran orientiert.

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Anwendung findet die Regelung ausschließlich für planbetroffene Forderungen über deren Höhe kein Einvernehmen zwischen Schuldner und Gläubiger besteht, sowie für (planbetroffene) Ausfallforderungen von Inhabern einer Absonderungsanwartschaft, wenn der Ausfall bei Planbestätigung mangels Verwertung des Sicherungsrechtes noch nicht ermittelbar ist (§ 24 Abs. 3). Der Schuldner entscheidet selbst, in welcher Höhe er die streitige Forderung in den Plan mit aufnimmt. Um das Risiko eines Erfüllungsrückstandes und der damit verbundenen Rechtsfolge des Wiederauflebens der gesamten Forderung zu entgehen, ist der Schuldner gehalten, die Auszahlungsquote an Hand der Forderungshöhe zu berechnen und auszuzahlen, die Grundlage für die gerichtliche Bestimmung des Stimmrechtes gemäß § 45 Abs. 3 war. Soweit das Restrukturierungsgericht keine Entscheidung über die Höhe des Stimmrechtes getroffen hat, stellt das Restrukturierungsrecht auf Antrag des Schuldners oder des betroffenen Gläubigers fest, in welcher Höhe die bestrittene Forderung zu berücksichtigen ist. Bereits der Antrag bei dem zuständigen Restrukturierungsgericht hat einen Suspensiveffekt, so dass der Gläubiger nach Antragsstellung nicht wegen Aufhebung der Stundung bzw. Wegfall des Erlasses gemäß § 69 Abs. 1 gegen den Schuldner vorgehen kann (MüKo-InsO/Huber/Madaus, § 256 Rn. 18). Allerdings muss der Antrag vor Ablauf von Mahnung und zweiwöchiger Nachfrist gestellt sein. Ein nach Ablauf dieser Frist gestellter Antrag ändert nichts mehr an dem Kraft Gesetzes (§ 69 Abs. 1) eingetretenen Wegfalls der Stundung oder des Erlasses (MüKo-InsO/Huber/Madaus, § 256 Rn. 18).

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Die Festlegung des Restrukturierungsgerichtes dient aber allein der vorübergehenden Ermittlung der Panwirkung, um den Schuldner auch für die streitigen Fälle eine vorläufige Planerfüllung zu ermöglichen, ohne dass er in Verzug gerät. Eine materiell rechtliche Wirkung auf die Höhe oder den Bestand der Forderung hat die Entscheidung des Restrukturierungsgerichtes allerdings nicht (Begründung Regierungsentwurf, BR-Drs. 619/20, S. 193). Die verbindliche Klärung über Höhe und Bestand erfolgt außerhalb des Restrukturierungsverfahrens durch das zuständige Sachgericht und die endgültige Planwirkung ist dann auf diese Forderung –mit der Einschränkung in Abs. 1- zu beziehen. Der Schuldner muss daher genau abwägen, in welcher Höhe er streitige Forderungen oder Ausfallforderungen im Plan ansetzt. Wählt er den Wert zu niedrig, bleibt die Planwirkung auf diesen niedrigen Teil beschränkt und ein ggf. zu einem späteren Zeitpunkt festgestellter erhöhter Wert kann ungemindert und uneingeschränkt durch die Planwirkung gegen den Schuldner geltend gemacht werden und eventuell das ganze Restrukturierungsvorhaben gefährden. Setzt der Schuldner einen zu hohen Wert für die streitige Forderung an, besteht zwar das Risiko einer geringeren Festsetzung des Stimmrechtes durch das Restrukturierungsgericht (Begründung Regierungsentwurf, BR-Drs. 619/20, S.​​​​​​​ 193), aber der Schuldner hat die Gewissheit, dass sich die Planwirkung auf die gesamte Forderung erstreckt.

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Der Schuldner hat den Betrag nachzuzahlen, der sich nach endgültiger Feststellung der planbetroffenen Forderung errechnet, wenn diese höher ist als die durch das Restrukturierungsgericht im Rahmen der Stimmrechtsbestimmung angesetzte Forderungshöhe. Auch hier ist die einschränkende Wirkung des Abs. 1 zu beachten. Die Planwirkung ist in jedem Fall auf die Höhe der Forderung beschränkt, die im Plan mit einbezogen wurde. Für den später gegebenenfalls festgestellten überschießenden Teil haftet der Schuldner uneingeschränkt und unabhängig von der Planwirkung. Insoweit kommt es nur zu einer Nachzahlung der Planquote, wenn sich die Berücksichtigung nach Stimmrecht als zu niedrig erweist und die streitige Forderung bereits mit einem höheren Wert als dem Stimmrechtswert im Plan enthalten war. Soweit die streitige Forderung in gleicher Höhe wie die Stimmrechtsfestsetzung oder sogar niedriger im Plan einbezogen wurde, beschränkt sich die Planwirkung gemäß Abs. 1 auf diesen Wert und der Schuldner haftet uneingeschränkt und in voller Höhe für einen später festgestellten überschießenden Teil. Dann kommt es nicht zu einer Nachzahlung der Planquote sondern zu einer vollen Haftung des Schuldners für den zusätzlich festgestellten Teil der Forderung.

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Kommt der Schuldner mit Erfüllung der zuvor beschriebenen Nachzahlung der Planquote in Verzug, wird ein erheblicher Rückstand mit der Planerfüllung im Sinne des § 69 Abs. 1 erst dann angenommen, wenn auch nach Mahnung und Nachfristsetzung von 2 Wochen keine Zahlung erfolgt. Bei fruchtlosem Fristablauf treten die Rechtsfolgen des § 69 Abs. 1 ein. Die im Plan enthaltenen Stundungen und Teilerlasse gelten als Kraft Gesetzes aufgehoben.

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Die Regelung in Abs. 4 wurde wortgleich von der entsprechenden Norm im Insolvenzplanrecht gemäß § 256 Abs. 3 InsO übernommen und betrifft den Fall, in dem der Gläubiger durch die vorläufige Berücksichtigung auf Grundlage der gerichtlichen Stimmrechtsfestsetzung mehr erhalten hat, als ihm nach dem Plan und der endgültigen Feststellung der richtigen Forderungshöhe zusteht. Durch den in Abs. 2 normierte Rückzahlungsanspruch gegen den Gläubiger soll nach dem Willen des Gesetzgebers in Abweichung zur Regelung in § 67 Abs. 4 bei einer im Zeitpunkt der Planbestätigung noch streitigen Forderung das wirtschaftliche Ergebnis erzielt werden, welches auch dann erzielt worden wäre, wenn die betreffende Forderung von Beginn festgestanden hätte (Begründung Regierungsentwurf, BR-Drs. 619/20, S. 193). Damit weicht die Vorschrift von der Regelung in § 67 Abs. 4 ab (a.A. Braun-StaRUG/Bauch, § 70 Rn. 6), nach der planbetroffenen Gläubiger im Falle einer weitergehenden Befriedigung ihrer Forderung als nach der Planwirkung vorgesehen keine Rückzahlungspflicht trifft. Diese Abweichung zwischen den gesetzlichen Regelungen, lässt sich damit materiell rechtlich begründen, indem es sich bei der Auszahlung auf die bei Planbestätigung noch streitige Forderungen um eine nur vorübergehende Leistung handelt, die nach endgültiger Feststellung der Forderung noch wirtschaftlich angepasst werden kann (Uhlenbruck/Lüer/Streit, § 256 Rn. 13, MüKo-InsO/Huber/Madaus, § 256 Rn. 26).

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Der Rückzahlungsanspruch richtet sich nach Bereicherungsrecht §§ 812 ff BGB, wobei der Gläubiger sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung berufen kann, da er aufgrund der Vorläufigkeit der Zahlung im Sinne des § 820 BGB mit einer Rückforderung rechnen muss (K.Schmidt/Spliedt, § 156 Rn. 8).

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Die Beschränkung des Rückforderungsanspruches in Abs. 4 Hs. 2 auf Zahlungen, die auf fällige Forderungen des Gläubigers geleistet wurden entspricht der Regelung des § 813 Abs. 2 BGB. Soweit der Schuldner verfrühte Zahlungen ausgeführt hat, die erst zu einem späteren Zeitpunkt aber in der Höhe der erhaltenen Zahlung fällig werden, besteht kein Rückzahlungsanspruch. Durch diese Anordnung soll ein Hin- und Herzahlen verhindert werden (MüKo-InsO/Huber/Madaus, § 256 Rn. 27).